Locas In Love // Presse (unten)

Stefanie Schrank: Baß, Artwork (siehe auch stefanieschrank.com)
Björn Sonnenberg: Gitarre (siehe auch bjoernsonnenberg.net)
Jan Niklas Jansen: Gitarre (siehe auch: soundcloud.com/localstandardtime)
und Saskia von Klitzing: Schlagzeug (siehe auch saskia-von-klitzing.de)

Hallo.
2001 haben Stefanie und ich die Band gegründet, nachdem wir kurz als Björn & The Class Struggle Kids zusammen Musik gemacht hatten, waren im Herbst zum ersten mal als Locas In Love auf Tour und nahmen mit einem 8-Spur-Kassettenrekorder zuhause unsere EP Río Veneno auf. Bandname und EP-Titel sind den Love&Rockets-Comics der Hernandez-Brüder entnommen.
Ende 2001 kam Niklas in die Band, wir hatten ihn bei einem Konzert in unserem Wohnzimmer kennengelernt. Innerhalb weniger Monate haben wir 2002 die Robot-EP und die Música-EP gemacht und Konzerte gespielt, meistens zu dritt, ohne Schlagzeuger. 2003 dann die Split-7" mit Katze, 2004 kam Maurizio zur Band, der zu diesem Zeitpunkt bereits dritte Schlagzeuger, und in der Besetzung, die wir bis 2008 behielten, machten wir unser erstes Album. In den Jahren bis etwa 2005 gaben wir viele Konzerte und fuhren überall hin, solange wir ein paar Groschen für Benzin bekamen. Unsere Ansprüche waren gering, dafür erlebten wir auch eine Menge und besuchten Orte, die man ohne höheren Auftrag nicht besuchen würde.
2006 die EP mit Reh&Affe auf dem Cover, wir waren zum ersten mal in Amerika auf Tour und spielten in Holland und Luxemburg Konzerte und zwei Tournéen mit Arab Strap. 2007 erschien mit SAURUS unser zweites Album, das viel gute Presse bekam und für unsere übersichtlichen Verhältnisse spitze lief, aber v.a. deshalb, weil wir nahezu zum ersten mal unsere Vision davon, wie diese Band klingen soll, auch auf einen Tonträger bekommen hatten. Wir gaben viele Konzerte und fuhren fast überall hin, solange... ach, das hatten wir schon.
2008 nahmen wir in Wohnzimmern zwischen Köln und New York unser nächstes Album WINTER auf, unseren Beitrag zum Kanon der saisonalen Musik / Winter- / Weihnachtsalben, was auch das erste war, was mir mit dem Snee machten, weil wie bei Spinal Tap wieder Schlagzeugererneuerung war. Wir gingen auf Tour in Deutschland und den USA, aber entfremdeten uns Anfang 2009 voneinander, wie es in der besten Freundschaft und selbst den schönsten Bands manchmal vorkommt (siehe zB auch: The Beatles). Im Sommer näherten wir uns wieder an und begannen, ein neues Album vorzubereiten. Um es aufzunehmen fuhren wir im Januar 2010 für etwa drei Wochen nach Glasgow, im Sommer 2010 bauten wir außerdem ein Studio am Eberplatz in Köln, wo wir die Aufnahmen fürs Album fertigstellten. Zum Mix fuhren wir wieder zu Peter Katis nach Bridgeport. Das Jahr beschlossen wir mit einer handvoll Konzerte, wo wir unter dem Titel 'Two Originals of... Locas In Love' unsere ersten beiden Alben komplett live spielten.
Gerade jetzt, Anfang 2011, bereiten wir die Veröffentlichung unseres neuen Albums für Juli vor und reiben uns in erregter Erwartung die Hände. Denn dann geht es eben wieder von vorne los, wir werden viele Konzerte geben und fast überall hinfahren usw. Und dann wieder eine Platte machen. Es gibt wenig schöneres, als in einer Band zu spielen.

Bis bald, im Auftrag von Locas In Love: Björn, Jan. 2011.

 

Interessante Nachbemerkung:
Wir waren oft Vorband, selten war es blöd (darüber verbietet der Anstand, mehr zu schreiben), meistens sehr schön. Zum Beispiel: mit Nikki Sudden, möge er in Frieden ruhen, der Stefanie stets mit Handkuß begrüßte und dessen Backing Band wir für einen Abend in Düsseldorf waren (das erste und vermutlich letzte mal, das wir einen Blues in E spielten). Auch ganz toll war es mit Xiu Xiu und Kid Commando in Karlsruhe, mit den Jayhawks in Köln, mit den Friends Of Dean Martinez, als Bill Elm uns für ein Monkees-Cover an der Pedal Steel Guitar begleitete (vor kurzem erst wurde mir gewahr, daß er die Musik für Red Dead Redemption gemacht hat. Wie aufregend!), natürlich mit Arab Strap, mit The National in Berlin, mit Timesbold in Hamburg oder Okkervil River in München.




PRESSE

LEMMING (07/2011)
WINTER (11/2008)
SAURUS
(02/2007)
What Matters Is The Poem (10/2005)

LEMMING (erschienen am 1.7.2011 als CD/LP auf staatsakt.)
Interviews / Reviews und Artikel
Interviews jetzt.de
Intro
Rolling Stone
Life On Stage
Rheinische Post
Music Scan
Coolibri
Umag
Die Welt
Reviews / Artikel (Auswahl)  
 
Jan Wigger auf Spiegel Online:

Wenn Popautoren wie Eric Pfeil oder Josef Winkler schon seit Jahren einigermaßen euphorisiert von einer ganz bestimmten Musikgruppe berichten, dann hat dies gute Gründe. Zwar singen die Locas In Love auf Deutsch und reden auch von Straßen und Zügen, klingen aber überhaupt nicht nach einer deutschen Band, sondern suchen lieber die Geschichte des internationalen Poprocks nach seltenen Erinnerungsstücken ab, die einen Locas-Song bereichern könnten: "Auto Destruct" beginnt wie eine Frühstücksskizze von Britt Daniel (oder wie "We Used To Wait" von Arcade Fire), "An den falschen Orten" belehnt Neu!, "Lemming (Es wird immer dasselbe sein)" ist ein Rückgriff auf beinahe klassischen US-Indierock. Weil man mit Namen wie Stefanie Schrank, Jan Niklas Jansen und Björn Sonnenberg weder Versicherungssachbearbeiter noch Fleischergeselle werden kann, hat sich die Band aus Köln bereits in der Vergangenheit darauf konzentriert, schmerzliche Wahrheiten auf ungewöhnlichem Wege mitzuteilen: In "Spoiler Warning" verknüpft man kunstvoll "Ein Loch ist im Eimer" und "Let It Be": "Verstopf es mit dir selbst, mit dir selbst, mit dir selbst/ Wenn du glaubst, dass sich etwas ändert/ Wenn du glaubst, dass du es aushältst/ Sonst lass es sein, lass es gehen, lass es los/ Worte voller Weisheit: Lass es sein." Ja, es ist wichtig und beruhigend, seinen größten Feind immer in der Nähe zu wissen. Doch es ist ebenso wichtig, sich mit Liedern zu umgeben, denen man nicht erst erklären muss, warum man so ist, wie man ist. Keep some steady friends around. (8/10)

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Christian Steinbrink in Intro #194:

Locas In Love entpuppen sich auf der Spielfläche des strahlenden Pop vollends als eine der größten Bands des Landes.

Die Liebe in Zeiten des Kapitalismus haben die Kölner Locas In Love probiert, und sie sind dabei ziemlich weit gegangen: Mit ihrem zweiten Anzug Karpatenhund suchten sie nach einer Form von Pop, der sowohl das Kleine als auch das Große anspricht. Künstlerisch gelang das Experiment, kommerziell nur sehr eingeschränkt.
Nun haben sie ihre Versuchsanordnung vereinfacht und als die Band, an der letztlich ihr Herz hängt, den Lo-Fi-Duktus hinter sich gelassen und großen Pop eingespielt. Zwar umfassen die elf neuen Songs weiterhin tausend Klänge, die allermeisten sind nun aber elektrisch verstärkt in einer Konsequenz, die man selbst diesen notorischen Überraschungseiern kaum zugetraut hätte. Zumal die Locas sich auf ihrer neuen großen Spielfläche aus Shoegaze, Noise und Kraut so gut zurechtfinden, als wären sie dort von Beginn an zu Hause gewesen. Die Folgen sind eindeutig: »Lemming« hat die besten Liebeslieder, die besten Protestsongs, alles so leicht und gewitzt, als wäre das kleines Einmaleins. Dazu Zitate, die viel besser als nur Zitatpop funktionieren, nämlich auf der vollen Klaviatur der Emotionen von zart bis hart. Sagen wir es einfach: das beste unprätentiöse deutschsprachige Indie-Pop-Album seit vielen Jahren. Nageln Sie mich darauf fest.

In drei Worten:  WACH / HASS / POP

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Eric Pfeil im FAZ Pop Blog:

Welt, wappne Dich!
Demnächst erscheint mein diesjähriges deutschsprachiges Lieblingsalbum. Ja, das kann man so ruhig mal schreiben. Auch und gerade, weil ich sonst nicht der größte Fan von Jetzt-schon-das-beste-Album-des-Jahres-Verlautbarungen bin. Aber die Tatsache, dass ich mich im vorliegenden Fall doch einmal hinreißen lasse, sagt viel über meine Liebe zu diesem Album aus. Ich bin gar so begeistert, dass ich das gleich das erste Plattenfirmen-Info meines Lebens für die Band verfasst habe. Bin ich damit befangen? Blödsinn, hier geht es um Popmusik, nicht um Wertpapierhandel.
Locas In Love aus Köln veröffentlichen demnächst das Album „Lemming" und es übertrifft tatsächlich alles, was ich mir von dieser Band nach ihrem letzten regulären Werk „Saurus" erwartet habe. Locas In Love - die, wie es der Zufall so will, ihr Studio gleich hier ums Eck haben - sind die Band, der ich (und ich betone an dieser Stelle, dass wir uns bis heute noch nie persönlich getroffen haben!) jederzeit meine Lieblings-Jackets und meine gesamte Sammlung italienischer Filme anvertrauen würde. Deshalb, weil diese Band für mich eine musikalische wie textliche Glaubwürdigkeit verkörpert, die man innerhalb der Konstruktion „Pop" als befremdlich empfinden müsste, wenn sie nicht so cool und dabei doch beseelt daherkäme.
Alles hier wirkt abgerungen, erkämpft, in Schlachten erobert und danach mehrfach auf jeden Zweifel hin abgeprüft - und trotzdem klingt es so wunderbar leicht und selbstverständlich, dass ich mich frage, wann im deutschen Pop (außer bei Erdmöbel) es zuletzt soviel Leben und Liebe zu hören gab. Nein, ich bin nicht pathetisch, Sie sollten mich mal erleben, wenn ich meine pathetischen fünf Minuten habe!
„Über Nacht ist ein ganzer Wald gewachsen (Das Licht am Ende des Tunnels ist ein Zug)" heißt der Auftaktsong- und wie Björn Sonnenberg und Stefanie Schrank diesen zweiten titelspendenden Satz singen - ganz so, als habe man die froheste Botschaft der Welt zu verkünden -, das muss man gehört haben. In den folgenden zehn Songs fallen Sätze wie „Es ist alles wirklich so schlimm wie es scheint" oder „Ich weiß nie, welchen Draht ich durchschneiden soll: den roten oder den blauen...". Und trotzdem haben diese Stücke eine trostspendende Kraft, die ihresgleichen sucht. Auch in der Musik knallt das Zerknirschte immer wieder auf das Euphorische, Donnernde: Velvet Underground spielen hier eins ums andere Mal mit den Flaming Lips zur großen Jetzt-gilt-es-Sause auf. Wirklich: Besser wird es 2011 nicht mehr im deutschsprachigen Pop. Sorry, Ja, Panik.

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Anja Rützel in Financial Times Deutschland:

Pitsch, patsch! "Du erzählst, dass dein Leben die Hölle ist/aber ich glaub, du weißt nicht, wovon du sprichst/das ist doch maximal eine Vorhölle." In ihrem Lied "Spoiler Warning" verpasst die Kölner Band Locas in Love allen halb gar Leidenden und halbherzig Liebenden ein paar ordentliche Ohrfeigen. Keine Relativierungen, keine Verwässerungen. Es geht hier um wahre Liebe und echten Hass, drunter machen sie es nicht. Auf "Lemming" funktioniert beides vorzüglich nebeneinander. Wie der Nager, der ihrem dritten Album den Namen gibt, sind auch Locas in Love von flauschiger Renitenz: Dieses Album hat kein Sicherheitsnetz aus saumseliger Indie-Niedlichkeit, es ist ein musikalisches und emotionales All-in. Unbeirrbar zieht der Lemming los, wenn die Höhle zu eng geworden ist. Den Wühlmäusen zugehörig, zieht es ihn naturgemäß zur Wurzel. Zur Wurzel allen Übels, auch zum Kern allen Schönen. Die Trennung zwischen Liebeslied und Gesellschaftssong wird säuberlich durchgenagt. Zu mal brausendem, mal tröstlichem Krautnoise-Großpop, voll von Erinnerungen der Pop- und Rockgeschichte, erfährt man, was man schon ahnte: "Es ist alles wirklich so schlimm, wie es scheint." Also raus aus der Höhle, rein ins Wasser, alles Garstige zurücklassen. Nimm eine Jacke mit, wir müssen los. (Wertung: 5/5)

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Jochen Overbeck für teleschau:

Hach, diese Stimme: Wenn Björn Sonnenberg zu singen beginnt, gehen mindestens drei Sonnen auf. Brummelig klingt er, ungemein tröstend, ein bisschen nach Lagerfeuer. Das führt natürlich gnadenlos in die Irre, denn der Inhalt aller bisherigen Platten der Kölner Popband Locas In Love sagte schließlich völlig andere Sachen aus, als so abgeschmackte Romantik-Vorstellungen implizieren. Zweifeln. An der Menschheit, am System, an sich selbst. Nicht des Zweifelns wegen, sondern weil Zweifeln nun mal dazugehört zum Menschen.
'Lemming' ist das vierte Album von Locas In Love, und es stellt einen mit diesen Zweifeln prall gefüllten Einkaufswagen auch mal direkt neben dem Themenkomplex 'Liebe', also dem traditionellen Stichwortgeber der Popmusik, ab. Dass es als erstes Locas-In-Love-Album bei Staatsakt erscheint, jenem Label, das zuletzt die hervorragenden Platten von Ja, Panik und Andreas Dorau veröffentlichte, passt da gut.
'Ich weiß nie, welchen Draht ich durchtrennen muss / Den roten oder den blauen / Man weiß es immer erst am Schluss / Aber ich habe gelernt und bin fast völlig entspannt / Ich lerne immer besser, dass es mir egal sein kann', heißt es im ersten Song des Albums, dessen Titel so lang ist, dass man ihn hier keinesfalls niederschreiben kann. Auf jeden Fall kluge Worte, denen im weiteren Verlauf des Albums viele folgen. Mal eigene, mal solche, die sich aus dem Referenzkästchen der Popmusik bedienen. Da wird 'Let It Be' von den Beatles kurz ins Deutsche anübersetzt und Alice Cooper zitiert. Auch das Loch im Eimer, jenes aus dem bekannten Kinderlied, hat in 'Spoiler Warning' seinen Platz.
Inszeniert wurde das alles von Paul Savage in Glasgow als wunderbarer Slacker-Pop. Savage produzierte zuletzt Mogwais mächtiges 'Hardcore Will Never Die But You Will'. Das hört man deutlich, etwa im krachigen, von Stefanie Schrank eingesungenen 'Road Movie', im unbescheiden betitelten 'Manifest' mit seinem melancholischen Westcoast-trifft-Schottland-Pop, der sogar Platz für feierliche Fanfaren lässt oder im Titelsong mit seiner Franz-Ferdinand-Zackigkeit. 'Wenn ich es in Worten sagen könnte / Was ich zu sagen hätte / Gäbe es keinen Grund / Immer noch ein weiteres Lied zu schreiben / Immer noch ein weiteres Album zu machen', singt ein angezerrter Sonnenberg hier. Das Getriebensein also. Ein altes Motiv der Popmusik, gleichwohl ein verständliches. Bleibt zu hoffen, dass uns dieser Mann, diese Band noch lange erhalten bleibt. (Bewertung: ausgezeichnet)

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Motor FM:

Lemminge springen nicht über Klippen. Für den Disney-Tierfilm, der diesen Mythos entstehen ließ, wurden die hamsterähnlichen Tiere von der Film-Crew über die Klippe geschleudert, damit man spektakuläre Bilder zeigen konnte. Vielleicht haben Locas In Love ihr Album nur „Lemming“ genannt, um das mal klarzustellen. Das vierte Album der Kölner ist aber auch ohne Lemming-Mythos eure Aufmerksamkeit Wert. In elf Songs fordert die Band das Totale, die große Liebe, die bessere Welt. Produziert von John Savage, der sonst mit Franz Ferdinand arbeitet, gemixt von Peter Katis, der auch die Knöpfe für Interpol und Jonsi dreht: Das sollte noch mal beweisen, dass Locas In Love keine Deutsch-Pop-Band sind. Indie-Rock bis Krautrock lässt sich hier heraushören. Neben Ja, Panik sind vier Kölner wohl die besten deutschen Songwriter. Sie verbinden das Kinderlied „Ein Loch ist im Eimer“ mit „Let It Be“ – nur einer von vielen Kunstgriffen. Radikal und absolut erklärt „Lemming“ die großen Probleme im Kleinen.

und

Seit es sie gibt, sind Locas In Love immer das nächste große Ding gewesen. Mit jedem neuen Album, jeder neuen EP, dachte man: Jetzt aber, jetzt muss doch mal der Durchbruch kommen. Schließlich ist die dreiköpfige Kölner Band Inhaber der deutschen Songtexter-Krone in Gold. Na gut, die Auszeichnung haben wir gerade erfunden, doch: Locas In Love beweisen seit 2001, dass deutsche Musik nicht nur Juli und Silbermond ist. Björn Sonnenberg und Stefanie Schrank schreiben Texte jenseits von plump und peinlich und bauen ihnen Betten aus Sonic Youth-Wänden oder Beatles-Melodien.

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Nach ihrem Überraschungshit `Saurus' aus dem Jahr 2007 ließen sich Locas in Love einige Zeit für ihr neues reguläres Album. Verkürzt wurde die Pause aber durch ihr wunderbares Winter-Konzeptalbum im Jahr 2008. Gut vier Jahre nach Erscheinen von 'Saurus' erblickt nun 'Lemming' das Licht der Welt.
Dass Locas in Love es mit ihrer Musik verdammt ernst meinen wird schon nach den ersten zwei Songs klar. Sie starten mit einem solchen Furor, dass sie glatt als deutsche Arcade Fire durchgehen könnten. Gutgemeinte Vergleiche mit der kanadischen Ausnahmeband verbieten sich jedoch, die hat die Kölner Indieband gar nicht nötig. Locas in Love haben auf 'Lemming' ihren eigenen Stil gefunden und brauchen keinen internationalen Vergleich zu scheuen. Selten hört man solch interessante Popmusik aus deutschem Lande. Leichtfüßig aber nicht belanglos, ambitioniert aber nicht bemüht, intelligent aber nicht verkopft musizieren sich Locas in Love auf 'Lemming' durch 11 Songperlen.
/ Man müsste sich selbst in Teile schlagen, in 1000 Scherben / und sich neu zusammensetzen, so wie man sein möchte /ohne all die Fehler, ohne alle die Löcher und mit einem anderen Gesicht / ich z. B. könnte der beste Mann aller Zeiten sein,
behauptet Björn Sonnenberg in 'Spoiler Warning'. Ob das stimmt? Einer der besten Songwriter Deutschlands ist er zumindest auch ohne dass er sich zuvor in seine Einzelteile zerlegt.
In 'Manifest' singt er mit seiner prägnanten und unvergleichlichen Stimme von seinen Vorstellungen über Liebe und Hass und schafft damit eine erhabene und feierliche Songatmosphäre, die schon 'Winter' so einzigartig gemacht hat. Die Platte hat jedoch sehr viel mehr zu bieten: In der mitreißenden Powerpop Hymne 'Road Movie' singt Stefanie Schrank von geheimen Orten.
/ Nimm eine Jacke mit, wir müssen los /
fordert sie uns auf. Wer möchte nach diesem herzzerreißenden Song noch wiedersprechen?
Auch die noisigen Elemente wie etwa in der grandiosen sechseinhalbminütigen Albumversion der Single 'An den falschen Orten' bereichern das Soundspektrum vom Locas in Love und man fragt sich, wann zuletzt solch ambitionierte Popmusik in Deutschland erschienen ist? Viel Zeit zum nachdenken bekommt man jedoch während der dreiviertel Stunde Spielzeit von 'Lemming' nicht. Erst die Soundcollage am Ende des Albums lässt den Hörer wieder durchatmen und zur Ruhe kommen. Lemming endet so wie 'Saurus' begann. Aus der Ferne erklingen einige Takte von dessen Eröffnungsstück 'Sachen'. Stille. Der Hörer bleibt staunend zurück.
Eine letzte Botschaft haben Locas in Love noch für uns. 'Create something of true beauty or die tryin' ist auf der Vinylversion von 'Lemming' eingraviert.
Was Locas in Love betrifft, so hören sie sich auf 'Lemming' jedenfalls verdammt lebendig an. (*****)

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Linus Volkmann für Stadtrevue

Niedlich und beschädigt

Wuschelköpfe, Schlafzimmergitarren, schwimmende Kleintiere. Gerade Indie-Pop in der Interpretation von Locas In Love steht per se unter Gefälligkeitsverdacht. Unter dem Verdacht, einfach nur eine gute Zeit und bisschen Wehmut zu paraphrasieren, um der eigenen Klientel den Druck des Modul-Studiums abzufedern. Ein solches Ansinnen mag auch gar nicht verwerflich sein, zumal ja selbst bei den ganzen Herrenrockbands in den Charts wie Jupiter Jones oder Kettcar nichts anderes mehr zu gelten scheint als Trost und Befindlichkeit.
Pop sagt mittlerweile eben kaum mehr etwas als „Halt durch“ oder „Steh auf, wenn Du am Boden bist“. Das mag man frustrierend finden, wie man will - bloß verleugnen lässt es sich nicht.
Doch jetzt und hier kommen Locas In Love ins Spiel. Das Ehepaar Sonnenberg-Schrank und ihr Jan-Niklas Jansen. Statt dass die drei Wahl-Kölner diesem verjammerten Zirkus auch noch ein paar honigsüße Akkorde und Sprechblasen hinzufügen, gehen sie mit dem neuen Album „Leming“ ganz lässig an die Schmerzgrenze. Und erzählen erfrischend unerbaulich davon, wie einem ein Zug entgegenkommt, oder wie es ist, wenn man ernsthaft mit seiner Kunst hadert. Das Ganze wohlgemerkt verpackt in Panorama-Indie-Pop voller Ideen und Details.
Moment mal, kommt einem dieses U-Boot-Prinzip nicht bekannt vor? Richtig, Locas In Love, das war seinerzeit auch die Keimzelle der Band Karpatenhund. Bei welcher man undercover-mäßig mit reizvollem wie bubblegummig getarntem Inhalts-Pop sogar in die Charts wollte - und kam. Karpatenhund ruhen nun allerdings, mit der zweiten Platte hatte sich die Band nämlich verzockt – und den Mitpfeif-Anteil zugunsten von Schwermut zu auffällig gedrosselt. Charts und Indie-Fame blieben aus und jetzt hat man wieder Zeit für die Hauptband. Hört man „Lemming“ (das Cover hat dabei wieder die auch als bildende Künstlerin aktive Stefanie Sonnenberg-Schrank gestaltet), kann man zu dieser Konzentration nur gratulieren. Ist doch kaum etwas aufregender als Songs, die so große Brücken zu schlagen wissen, dass sie von Liebe zu Hass, von Freundschaft zu Kapitalismusekel reichen. Sänger, Songschreiber und Gitarrist Björn weiß darum, schließlich ist nichts Zufall hier: „Ein Liebeslied sagt im besten Falle gleichzeitig: 'ich liebe dich sehr, du bist ein guter Freund' und 'ich fürchte den Weltkapitalismus und hasse ihn von Herzen' genauso wie 'unsere Freundschaft ist ein kurzes Ausscheren aus jenem Weltkapitalismus'. Positivistischer Haß und radikale Liebe vereint in einer guten Melodie.“
Locas In Love – mittlerweile Labelmates von Acts wie Christiane Rösinger, Andreas Dorau oder Ja,Panik – besitzen eben Talent zum Popsong, haben zudem aber den Mut, jenes nicht dem Imperium der alles zukleisternden Erbaulichkeit zu widmen. Bei Locas In Love fürchtet man sich nicht, Gefälligkeiten und Gewissheiten zu beschädigen. Danke dafür.

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Mathias Wittmann für Visions

Dieses Album stellt keine Fragen. Dieses Album gibt Antworten. Dankenswerterweise nicht auf die großen Fragen des Lebens, sondern auf die kleinen des postmodernen Großstadtlebens. Ohne Phrasen. Dafür mit Herz und Courage. Es ist ein Album, auf das gewartet wurde. Von Journalistinnen und Journalisten. Von Fanatikerinnen und Fanatikern. Erst recht von Gefühlsmenschen. Denn Locas In Love erklären die Welt. Ohne den erhobenen Zeigefinger eines Studienrats mit angedrohtem Kabuff, stattdessen mit selbstgedrehter Zigarette, billigem Rotwein und der aufrichtigen Ehrlichkeit einer guten Freundin nach einer langen Nacht im sommerlichen Sonnenaufgang am See oder über den Dächern der Großstadt. Sie werfen nicht vor, sondern bauen Brücken. Brücken heraus aus dem tristen und oftmals sorgenschweren Alltag hinein in eine ferne und doch so naheliegende Utopie von Freundschaft und Liebe. Sie singen nicht vom Umsturz sondern proklamieren Aufbau und Neuanfang. Mit der Poesie Tocotronics und wohlfeil angereichertem LoFi-Sound führen sie fortwährend vor Augen, wie einfach doch alles sein kann. Alles? Alles! Liebe. Freundschaft. Beziehung. Und bestimmt auch, irgendwie, Weltfrieden. Hier singt keine hornbebrillte AstA-Dialektik, sondern der feste Glaube an und das Wissen um den Menschen und das Leben. Ohne naive Hippieromantik dafür mit abgeklärter Attitüde. Denn ohne diesen Anspruch zu haben geben Locas In Love ein Statement. Und so sehr es nach Phrase anmutet muss doch geschrieben werden, dass Stefanie Schrank und Gatte Björn Sonnenberg bei allem an Botschaften ohne Plattitüden und Phrasen auskommen. Es lebe die Sprache, es leben Locas In Love. (Wertung 9/12)

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Jochen Overbeck im Musikexpress

Die Kölner Grummelhit-Maschine läuft wie geschmiert: Locas In Love zeigen, dass sie nach wie vor zu den besten Indie-Bands Deutschlands gehören.

Der Lemming an sich ist ein Opfer seiner medialen Darstellung. Die gemeinhin vertretene Ansicht, diese gar nicht unputzigen Tierchen würden sich massenweise von irgendwelchen Klippen stürzen, ist nichts weiter als eine von Walt Disney am Dreh des Dokumentarfilms „Die Wüste lebt“ (1953) mittels fieser Tricksereien in die Welt gesetzte Räuberpistole. Diese Geschichte wird auf dem gleichnamigen Album von Locas In Love nicht unmittelbar thematisiert, sie passt aber ganz gut dazu, weil die Band um Stefanie Schrank und Björn Sonnenberg auch auf ihrem vierten Album den Dingen, denen man sich sicher ist, unerhört kluge Fragen anfügt. Im Mittelpunkt der elf neuen Songs von Locas In Love steht dabei die Auseinandersetzung mit der Liebe an sich. Ein sehr persönliches Themengebiet, das von der Kölner Band von jeder romantischen Zwangsjacke befreit wird. Angeteasert werden in Songs wie „An den falschen Orten“ und „Una Questa“ eher die Zweifel, die der gesellschaftliche Konsens für gewöhnlich totschweigt. All das passiert nicht ohne Witz, vor allem aber nicht ohne ein textliches Referenzfeld, das sich von Reinhard Mey über Alice Cooper bis hin zu den Beatles zieht. Das ist ein sehr guter Move, der von Locas In Love musikalisch erwartet hochwertig umgesetzt wird: Unter der Ägide von Paul Savage entstand ein Gesamtklang, dem man dessen sonstige Arbeiten mit Mogwai und den Delgados durchaus anhört, der aber auch in Richtung melodiöse Westcoast-Gitarre blinzelt. Lemming ist eine runde Sache geworden, die nicht grundlos bei den Bescheidwissern von Staatsakt veröffentlicht wird.
Key Tracks: „Lemming“, „Una Questa“, „An den falschen Orten“ (Wertung: ***** 5 Sterne)

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Carsten Schrader für Kulturnews

Zuallererst wird bei Locas In Love immer über die Texte gesprochen - auch beim vierten Album des Kölner Trios, was schon Songtitel wie "Über Nacht ist ein ganzer Wald gewachsen (Das Licht am Ende des Tunnels ist ein Zug)" oder "Es ist alles wirklich so schimm wie es scheint" belegen. Wenn sich Björn Sonnenberg mit gesanglicher Unterstützung von Stefanie Schrank darum bemüht, das kleine Beziehungsglück und die große politische Verantwortung zusammenzubringen, schält er Erkenntnis aus scheinbaren Paradoxien. Doch dabei sollte man keinesfalls die Musik überhören, denn mit "Lemming" sind Locas In Love endgültig auf höchstem internationalen Indiepopniveau angekommen. Das lassen auf dem Papier bereits Namen wie Mischer Peter Katis (The National, Interpol) und Paul Savage vermuten, der bereits Franz Ferdinand und Mogwai produziert hat. Und unbestreitbar wird das spätestens dann, wenn sie launische Knarzigkeiten und jubilierenden Breitwandpop aufeinander folgen lassen und zu einer Eingängigkeit verbinden, die auch in zehn Jahren noch das Zeug haben wird, alternative Querdenker und Popfreunde zu vereinen. (cs)Zuallererst wird bei Locas In Love immer über die Texte gesprochen - auch beim vierten Album des Kölner Trios, was schon Songtitel wie "Über Nacht ist ein ganzer Wald gewachsen (Das Licht am Ende des Tunnels ist ein Zug)" oder "Es ist alles wirklich so schimm wie es scheint" belegen. Wenn sich Björn Sonnenberg mit gesanglicher Unterstützung von Stefanie Schrank darum bemüht, das kleine Beziehungsglück und die große politische Verantwortung zusammenzubringen, schält er Erkenntnis aus scheinbaren Paradoxien. Doch dabei sollte man keinesfalls die Musik überhören, denn mit "Lemming" sind Locas In Love endgültig auf höchstem internationalen Indiepopniveau angekommen. Das lassen auf dem Papier bereits Namen wie Mischer Peter Katis (The National, Interpol) und Paul Savage vermuten, der bereits Franz Ferdinand und Mogwai produziert hat. Und unbestreitbar wird das spätestens dann, wenn sie launische Knarzigkeiten und jubilierenden Breitwandpop aufeinander folgen lassen und zu einer Eingängigkeit verbinden, die auch in zehn Jahren noch das Zeug haben wird, alternative Querdenker und Popfreunde zu vereinen. (Wertung: ***** 5 Sterne)

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Philipp Wurm, ZEIT / Die besten Alben des Jahres 2011

Ein Wirkstoff gegen Nihilismus im Krisen- und Katastrophenjahr 2011: Lemming, das vierte Album der Kölner Indieband, erzählt davon, dass wir doch nicht dem Untergang geweiht sind – in akribisch arrangierten Songs, die bei aller Zartheit niemals ihre Dringlichkeit verlieren. Gitarrenpop im Zustand der Vollendung, heilsam wie Bücher von Albert Camus.

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Stuz.de

Pop, der die Couch ersetzt, und einigen geschundenen Seelen die Lebensfreude zurückbringt!*

Auf ihrer Homepage bieten Locas In Love besonders faulen Journalisten einen ganz speziellen Service: Es gibt dort einen Generator für Rezensionen zu ihrem neuesten Album „Lemming“, garniert mit dem Tipp, dass dieser mit minimalen Anpassungen auch für jede andere Platte zu gebrauchen ist. Auswählen kann man dort aus verschiedenen Plattitüden und Nonsens-Einträgen, was teilweise unheimlichen Spaß bereitet. Mit der Platte selbst hat das natürlich wenig zu tun – die Texte, die dort zu hören sind, sind eher das genaue Gegenteil. Selten hat man in Deutschland Menschen – Achtung, Pathos! – so wahrhaftig über das Leben und ja, auch über die Liebe singen gehört.
Man kann sich nicht einmal entscheiden, welche Textzeile man zitieren möchte, um dies zu zeigen, schließlich entfaltet sich die wahre Stärke der Lyrics erst im Gesamtkontext und zusammen mit der Musik. Denn auch sie, die Musik, ist in Deutschland wohl einzigartig. Mal poppig, mal rockig, hier eingängig, da eher noisig. An manchen Stellen klingt sie, als würden Sonic Youth versuchen, Radiopopsongs zu schreiben. Drei Jahre hat man auf dieses Album warten müssen, zählt man die Konzeptplatte „Winter“ nicht mit, liegt das letzte Locas-Werk sogar vier Jahre zurück. Das Warten hat sich aber gelohnt, denn „Lemming“ hat gute Chancen, das beste deutschsprachige Album des Jahres 2011 zu werden. Das kann man schon jetzt sagen, auch wenn noch sechs Monate vor uns liegen.
*Die Überschrift stammt aus dem angesprochenen Review-Generator der Band.

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Christopher Quadt bei Mainstage.de

Wir könnten uns an dieser Stelle darauf einigen, dass es im folgenden Artikel explizit um das neue Album Lemming von Locas in Love gehen soll, dass wir uns nur über die neuen Stücke unterhalten, Hintergrundinformationen abklappern und Bezüge zu den älteren Alben oder anderen Künstlern herstellen, doch genau das wäre der Band gegenüber nicht fair. Wer so viel Hingabe in die Musik steckt, soll einmal nicht mit einem Artikel abgefertigt werden, der sich von den anderen Beiträgen, die in diesen Tagen bei diversen Medien erscheinen, nur banal unterscheidet. Hier wird es jetzt persönlich und das mit gutem Grund. Lemming, oder der Versuch einer Rezension …

Wenn alles gesagt ist und die Worte ausgehen und die Reime und die Satzzeichen und das meiste eine Wiederholung ist oder nichts bedeutet, muß jeder Satz eine Entscheidung sein. Und keinen Satz, kein Wort, nicht einmal ein Komma schreiben, nur um es zu schreiben. Es gibt keine Zeilen mehr, die so noch keiner geschrieben hat, also schreib sie so, daß sie wenigstes für dich selber notwendig sind. Alles sagen, was sich mit den Worten und den paar Akkorden sagen läßt, die zur Verfügung stehen und dann von vorne anfangen und nach irgendetwas suchen, was wahr ist und was scheinbar kein anderer weiß.
(aus Locas In Love – vs Kong)

Vor mehr als 2 ½ Jahren ging meine damalige Beziehung zu Ende. Die letzten Worte waren gesprochen und die Resignation gemischt mit alten Gefühlen; Neuordnung noch nicht wirklich möglich. In diese Zeit fiel die Ankündigung eines Winterkonzertes im Alten Pfandhaus in Köln von einer Band, die ich bis dahin noch gar nicht so richtig wahrgenommen hatte, in deren Begleitvideos zu ihrem neuen kommenden Album Winter aber Plätzchen gebacken oder am Rheinufer mit heißen Maronen und Lebkuchen gepicknickt wurde. Zusätzlich löste die Textzeile „vor zwei jahren war der aachener weiher zugefroren, man konnte von einem ufer zum anderen übers wasser gehen“ einen Hauch Kölner Lokalpatriotismus in mir aus, dass mir gar nichts anderes übrig blieb, als mir sowohl eine Karte für diese betitelte Wintergala als auch die beiden Platten Sachen und What matters is the poem der eben besagten Band Locas In Love zu kaufen.
Es folgen einige Wochen, in denen ich den Weg zur Universität durch die Straßen von Köln nicht ohne Locas In Love auf den Ohren auf mich nehmen konnte. Zu viel steckte in den Liedern, deren Sprache und Musik mit so viel Liebe zum Detail ineinander gewebt waren, dass ich, obwohl ich die Band erst seit kurzer Zeit kannte, bereits an dieser Stelle in ihrer Musik etwas fand, das mir bis heute nur wenige Künstler vermitteln: Aufrichtigkeit. Wenn man ein Album wie Saurus hört, weiß man, dass die Personen, die hinter diesen Liedern stecken, niemals etwas halbherzig machen würden; etwas, hinter dem sie selber nicht stehen können. Eigenschaften, die damals genau das waren, was ich an diesem Punkt brauchte und was ich schon lange Zeit gesucht, aber niemals in dieser Form gefunden hatte. Die Wintergala war dann auch entsprechend ein großer Moment, der mir zeigte mit welcher Sympathie und Hingabe die Band agiert: Wie sehr Sänger und Gitarrist Björn Sonnenberg immer darauf achtet, dass auch jeder Zuschauer genügend sehen kann und sich jeder wohl fühlt, wie schüchtern Sängerin und Bassisten Stefanie Schrank anfangs als Person wirkt, um dann in Liedern wie „Zum Beispiel ein Unfall“ dieses Bild komplett zu verwerfen und wie unscheinbar Jan Niklas Jansen den Platz im Hintergrund einnimmt, um dann mit seinem Gitarrenspiel wieder auf sich aufmerksam zu machen. Das Konzept Band perfekt umgesetzt, in dem das Zusammenspiel als Ganzes zur ästhetischen Einheit verschmilzt und dadurch Freundschaft und Haltung in einem vermittelt.
Im Publikum der Wintergala saß damals auch mein jetziger bester Freund, den ich aber erst zwei Wochen später durch Zufall beim Sir Simon Battle-Konzert kennenlernte und wir schnell merkten, dass wir uns alleine schon perfekt verstanden, weil wir eine gemeinsame Liebe für Locas In Love teilten und bereits in diesen Tag das Urteil „hat halt kein Herz“ über Personen fällten, die diese Leidenschaft nicht teilen konnten oder wollten. Und nur zwei Jahre später sitze ich mit eben diesem besten Freund in seinem WG-Zimmer, während wir beide Wein trinken und das neue Locas In Love-Album Lemming immer wieder hören, über das wir beide schreiben sollen. Er ein Porträt der Band, ich eben diesen Artikel. Jedes Lied wird innigst besprochen, erste Favoriten gewählt und versucht, die Songs, die man von den Konzerten kennt, mit den Studioaufnahmen zu vergleichen. Ein Moment, wie man ihn von früher kennt, es heutzutage bei neuen Alben leider kaum noch gibt. Doch nicht nur diese Situation alleine beweist die Größe von Lemming.
So ist einem schon beim ersten Song „Über Nacht ist ein ganzer Wald gewachsen (Das Licht am Ende des Tunnels ist ein Zug)“ klar, dass wenn ein Album mit den Worten „ich höre wieder stimmen und erhalte wieder befehle“ beginnt, es eine spürbare Relevanz besitzt, die sich im Dialog zwischen Björn und Stefanie bis zum Fazit des Ganzen aufbaut und entlädt: „das licht am ende des tunnels ist ein zug“. An dieser Stelle könnte man vielleicht von Resignation oder gar von Kapitulation sprechen, aber da ist dann doch die Kraft, die im Laufe des Albums nach vorne drängt. „Es ist alles wirklich so schlimm wie es scheint“ heißt es zwar im gleichnamigen Song, jedoch mit dem zweiten direkt darauffolgenden Zusatz: „glaub an mich wenigstens noch zehn minuten / gib mir bitte so viel kraft, dass ich durchhalte / […] vielleicht ändert sich alles“. Hier beweisen Locas In Love viel deutlicher als auf ihren letzten Alben die Kunst, Möglichkeiten aufzuzeigen, die in jedem Impuls mitschwingen oder wie es in „Manifest“ so schön heißt: „mein herz ist groß genug für ein hass und eine liebe“. Man muss die Musik nicht auf Monotonie oder thematische Konzentration reduzieren, denn die findet sich auch nicht im Leben selber. Und so wird der Versuch, alle umfassenden Register des eigenen Lebens auszuhebeln, sich aber eben mal nicht in dieser Perspektive emotional auf nur eine Sache beschränkend zu verlieren, zu einer der schönsten und ehrlichsten Liebeserklärungen überhaupt: „ich kann ohne nation leben, ohne gott / aber nicht ohne dich / ich kann ohne band leben, ohne staat / aber nicht ohne dich / und bei aller wut, die ich habe / und um die es andauernd geht / bleibst du das schönste thema für mich“. Alles dann natürlich im Hinblick auf das eigene Schaffen als Künstler mit dem „Kunst kommt Müssen, nicht von Dürfen“-Gestus, der sich in „Lemming (Es wird immer dasselbe sein)“ verfestigt. Der Lemming, der sich auf der Suche nach einem unbekannten Ort nicht von der Klippe, sondern in einen viel schlimmeren langsameren Tod stürzen muss: das Leben selbst, mit den immer wiederkehrenden Sehnsüchten, Wünschen, Zwängen und Verlusten. „ich habe so viel sehnsucht danach / dass alles übersichtlich ist und alles einfach / gelassener zu sein, ich wünschte ich könnte / darüber hinweg sehen, wie schrecklich ich die welt finde / und es wird immer dasselbe sein / und es wird immer so weiter gehen“.
Und doch ist zum Schluss mit “Die Zehn Gebote” wieder die Liebe und die Freundschaft der ruhende Pol, denn wenn wir uns zumindest in dem einen Punkt gleichen, dass keiner von uns in nächster Zeit sterben will, muss man sich nicht unnötig auf Abgrenzung konzentrieren, sondern kann sich abschließend den Dingen zuwenden, die man sonst zu häufig aus dem Blickwinkel verliert: “und das einzige das ich habe / ist dass du bei mir bist / also kommst du mit ins autokino / sie zeigen die zehn gebote“.
Wer sich an dieser abschließenden Stelle eine weniger mit Erinnerungen überlagerte Meinung zu Lemming gewünscht hätte, dem sei die Rezension von Jakob bei Rote Raupe empfohlen. Ich kann es nicht anders ausdrücken, als in den vorangegangen Zeilen und der Versuch, dies alles in eine von Superlativen überfüllte Besprechung zu packen, ohne vorher den Weg dahin zu erklären, wäre nicht angebracht und passend gewesen. Vielleicht hätte ich es aber auch komplett auf das oben bereits erwähnte Urteil reduzieren können, das ein wenig reißerisch aussagt, was für mich auch nach Lemming immer noch Gültigkeit besitzt: Wer Locas In Love nicht mag, hat halt kein Herz!

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Boris Jordan für ORF FM4: Song Zum Sonntag: Locas in Love

Löschen und neu Lernen mit "Auto Destruct"

Du musst alles verlernen, was du gelernt hast und alles vergessen, was du weißt. Und immer weiter weg gehen, bis du dich enfernt hast, davon, wie du warst, davon, wie du heißt. Wasch alles ab von der Schande der Scham und der Schuld. Wasch alles gründlich ab und hab Geduld. Wer wird dieses gebrochene Herz reparieren? Wer kann ein gebrochenes Herz ausbessern? Wer wird uns wärmen, wenn wir nicht aufhören zu frieren? Du musst alles verlernen und alles vergessen.Dann leg eine Münze auf die Schienen und warte auf den Zug, der dich wegbringt von hier - dann warte, was passiert.
Für ein gutes Leben, für ein richtiges Leben reicht es nicht, kurz nachzudenken, die richtigen Bücher zu lesen. Man muss wirklich neu beginnen. Alles löschen, Auto Destruct. Die gute Nachricht: Wenn das erst erledigt ist, wenn man sich von dem Ballast befreit hat, kann man zuversichtlich, gespannt und geduldig warten und es wird besser werden - das Neue, Andere wird kommen und dich verändern.
Und die noch bessere Nachricht: Diese Lösung (über die man diskutieren kann und soll - ich selbst halte ja das Gegenteil für richtig - aber sie ist eine Variante der Lebensgestaltung und mit LiL darüber zu diskutieren könnte eine wahre Freude sein) erbietet sich nämlich nicht nur für Jungverliebte mit angeknacksten Herzen, sondern auch für Jungpolitisierte, die am Bösen der Welt zu verzweifeln drohen, und sogar für die Welt selber. Hier ist auf eine so frische wie nachdenkliche, so neue wie traditionelle Art "das Private politisch und das Politische privat" - und wir sprechen von einer bei deutschen Jungbands nicht gerade aktuell produktiven Tradition (mit Ausnahme von Ja, Panik vielleicht).
Das wird am Anfang von Klavier, Gesang und Harmoniegesang erklärt und wiederholt, untermalt von eindringlichen Indie-Gitarren, gesteigert wie derzeit andernorts mit Orchestern und Glockenspielen und beendet von einem kurzen, knappen Verstärkerkrachen - das klingt auf eine angenehme Art altmodisch und so stur, wie es sich für eine kluge Band gehört.
Was für eine kluge Band also: Ihre Vision des guten deutschen Popsongs handelt von Liebe und Kritik, beides radikal und bedingungslos, beides ohne das andere schal bis undenkbar und beides stets präsent. Ihre metaphernreichen Texte klingen so "englisch" (ich sage mal: aphoristisch, direkt und tiefsinnig, dreifach durchdacht und doch spontan) wie seit "die Regierung" nur wenig Deutsches.
Sie nahmen ihre aktuelle Platte in Glasgow mit dem Delgados Produzenten Paul Savage auf, weshalb der schnarrende Gesang von schön warmen und dicken Gitarren davongetragen wird. Die Stadt der bettelarmen, gleichsam wütend linken und romantisch verliebten Bands von JAMC bis Belle & Sebastian, von Arab Strap bis Delgados ist eine gute Heimat für Locas in Love und sie sind ein guter Neuzugang für sie. Solche kleinen Entscheidungen deuten darauf hin, dass hier kluge und sensible Leute über alles genau nachdenken - dazu trägt Björn Sonneberg die William Reid Memorial Frisur.
Auf die Frage nach Vorbildern sagen sie nicht einfach "Smiths, Pixies, Lindenberg" oder so etwas, sondern sehen sich in einer Tradition, die sich speist aus "Fugazi, Cheap Trick, Hannah Arendt und daraus, die Welt zu beobachten - und Dinge, die man dann als wahr erkennt, zu Songs zu machen." Man merkt, dass sich hier Intellektuelle am Leben reiben, und ich habe eine Hoffnung, dass dies ein produktives und vertrauenswürdiges Paradigma für gute KünstlerInnen sein und bleiben soll - obwohl und vielleicht gerade, weil das so selten geworden ist.

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Jörg Utecht in seinem Blog

In Liebe: Locas In Love

Als Popkulturaktivist, Kunstpessimist, Rockist und Herzenskölner liebe ich Locas In Love, immer schon. Da ihre Kreaturen noch keine Saurier oder Lemminge waren, sondern sie selbst in Resonanzkörpern von Dackeln durch die Landschaft streunten. Sonnenberg und Schrank sind genauso zwei Fachtermini aus der Weinwelt – die mir neuerdings bloggerischer Zweitwohnsitz ist – wie die Namen des Protagonistenpaars, das zusammen mit Jan Niklas Jansen nun eine neue Langspielplatte beim hauptstädtischen Kreativpool Staatsakt veröffentlicht hat. Um ihre Stellung zu untermauern als einzige konstant relevante Stimme im deutschsprachigen Pop mit Mut zur Nische und Liebe zur Pose.
Alles bleibt anders auf Lemming. Lieder haben Namen wie „Die zehn Gebote“, „Über Nacht ist ein ganzer Wald gewachsen (Das Licht am Ende des Tunnels ist ein Zug)“ oder „Manifest“ – und genauso funktionieren sie auch. Die Musik schmeckt nach Kraut und Rüben und riecht nach Revolution. Prägnanz im Unterschwelligen auf der Textebene lädt ein zum Paarungstanz mit performantem Understatement und kompositorischer Altklugheit. Kein Kritikergeschwurbel wird der Attitüde und dem Ergebnis gerecht – Herr Pfeil hat es immerhin versucht mit seiner Waschzetteldichtung und eine Annäherung geschafft.
Der Begriff Hermetik überträfe das Werk an Wucht. Doch selbst der affine Hörer bewerkstelligt die Transzendenz von Interesse zu Begeisterung erst mittelbar. Jetzt: Könnte ich schreien vor Glück! Zugegeben: Es handelt sich bei der emotionalen Nähe, die in mir beim Hören wächst, vermutlich um ein Generationenphänomen. Ich kenne die besungenen Bilder, Gefühle, Schlussfolgerungen. Ich weiß um die Macht der Ohnmächtigen und die rasante Fallgeschwindigkeit zwischen Übermut und Depression und das solche Wege niemals Einbahnstraßen sind. Hermeneutische Musikalienbildnerei mag ich sehr. Nicht aus Lust am Leid. Sondern mit Mut zur Botschaft samt rhythmischer Selbstvergewisserung.
„Da ist kein Widerspruch, Liebeslieder zu singen und trotzdem nichts aus den verliebten Augen zu verlieren von der Angst und der Wut und dem Hass auf die Dinge. Kein Mensch und kein System kann diese Liebe zerstören.“ (Manifest)

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Jan Martens für éclat Magazin

Wollte man Locas in Love für einen Eintrag im Guinness-Buch des deutschen Pops nominieren, man müsste sich zunächst entscheiden, ob man Stefanie Schrank, Björn Sonnenberg und Jan Niklas Jansen die hoffnungsloseste oder die hoffnungsvollste Einstellung der hiesigen Musikszene zuschreiben wollte. Vielleicht anders gefragt: Ist der Lemming im Endeffekt der wackere Fratz, der sich allen Widrigkeiten zum Trotz auf den Weg zu einem Ort macht, an dem er es besser hat – oder doch der unidentifizierbare Teil einer Masse, die letztendlich in den Abgrund stürzen muss?
Der Rahmen, den Locas in Love ihrem „Lemming“ geben, würde eher auf die pessimistische Lesart schließen lassen: Der hektische, internetexklusive Spoken-Word-Track „Vs. Kong“, in dem Björn Sonnenberg allen Aussagen, die neu entstehende Musik machen kann, jegliche Originalität und Individualität abspricht, sollte ursprünglich das Album einleiten; wenn im abschließenden „Die Zehn Gebote“ darüber sinniert wird, dass man manche Gefühle, die sowieso jeder hat, aus diesem Grund eigentlich überhaupt nicht zu thematisieren braucht, wirkt das ähnlich.
Was Locas in Love dennoch zur wohl liebens- und umarmungswürdigsten Band des Landes macht: Der von ihnen beharrlich vermittelte Wille, das Beste aus diesen denkbar schlechten Rahmenbedingungen zu machen. Wie die Asche den Phoenix sendet so auch der sonnige Westcoastpop von „Manifest“ die von Kyle Resnick (The National, Sufjan Stevens) eingespielte Trompete in höchste Höhen, während der Text Hass und Liebe sich die Hand reichen lässt; ebenso erkennt „Die Zehn Gebote“ dann doch noch den einen ganz besonderen Menschen als ausreichendes Alleinstellungsmerkmal für den anderen. Dass niemandes Leben die Hölle ist, sondern maximal eine Vorhölle, weiß zu Noiserock in Moll wiederum auch „Spoiler Warning“.
Locas in Love lehren, es genauso zu machen, wie sie es in den vier Minuten purer Euphorie, die „Auto Destruct“ ist, sowie in „Über Nacht Ist Ein Ganzer Wald Gewachsen (Das Licht Am Ende Des Tunnels Ist Ein Zug)“ vorschlagen: Die hoffnungslosen Situationen, die das Leben manchmal bietet, als solche zu identifizieren, um sie dann wie eine Münze auf den Bahngleisen der Zerstörung zu überlassen und sich auf den Weg zu etwas Besserem aufzumachen. Ebenso wie der Lemming also, dessen Reise übrigens in Wahrheit nur im Klippensprung endet, wenn Tierfilmer von Disney mitreißende Bilder wollen und entsprechend nachhelfen. Wäre diese Lemming-Legende von Locas in Love ausgegangen – der wackere Fratz würde sein Ziel jedes Mal erreicht haben. Oder es zumindest verdammt nochmal versuchen. Allen Widrigkeiten zum Trotz. (Wertung 4,5/5)

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'kel' für Concert Blog Hamburg

Anti-Glanz: Locas in Love

Es ist ein weiter Weg aus dem Köln Anfang der 2000er in das Hier und Jetzt. Locas in Love haben ihn mit inzwischen vier Alben und stets steigender empathischer Hingabe getrostpflastert. “Lemming” (Staatsakt.) ist da nur die konsequente Fortführung einer Idee, die sich seit jeher vor allem zweierlei nahm: Zeit und noch mal Zeit.
Björn Sonnenberg und Stefanie Schrank sind dabei nicht nur das konstante Zentrum der Band, sondern grüßen in der Zwischenzeit als vermähltes Paar. Sichtweisen ändern sich, Rahmen werden gesprengt und mit “Das Licht am Ende des Tunnels ist ein Zug” haben sie in den vergangenen Wochen auch noch für eine regelrechte Zitateflut in den sozialen Netzwerken gesorgt. Ein Finger in aller Wunde?
“Lemming” erzählt von geheimen Orten, dem Vergessen von bisher angeeignetem Wissen, gesundem Eigensinn und bleibt in seiner spröden, aber auch gewinnenden Art fernab sonst oft gehörter Strukturen. Begleiter der Band nennen es “radikal”. Andere sehen den Weg des Wühltieres halt einfach aus dem Bauch heraus geradeaus. Offensichtlich aber ist, dass der Tierschutz hier ob all der Ecken und Kanten, die das Album nimmt, schier die Pfoten über dem Kopf zusammenschlagen würde.
Äquivalent dazu bricht Lärm aus auf “Lemming”, stehen sperrige Themen einem leicht rostigen Anti-Glanz gegenüber, sorgen innerlich Getriebene für Unruhe, während die Phalanx der talwärts Entschleunigten nie gebrochen wird. Und die Moral in der Geschicht’? “Es ist alles wirklich so schlimm, wie es scheint” klang hier unter der Oberfläche am Ende noch nie so zuversichtlich wie in diesem drangvollen Bergbau.

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Michael Weiland für Munitionen

Locas in Love waren irgendwie schon immer da und genauso lange unterm Radar. „Lemming” soll das bitteschön endlich ändern. Seit die Schwesterband Karpatenhund, in der alle Locas ebenfalls spielen, immer besser wird, war es Zeit, dass das Mutterschiff nachlegt: Die elf Songs des aktuellen Albums haben wenig Entsprechung im deutschsprachigen Pop, der oftmals nur Diskurs und niedlich kann. Björn Sonnenberg, Stefanie Schrank und Jan Niklas Jansen spielen jene Art Plattenladen-geschulten, formverliebten Indierock, wie man ihn eher von Bands wie The Ladybug Transistor oder Yo La Tengo kennt. (Dass man Jansen auch als Musikschreiber kennt: geschenkt.) „Lemming” ist ein klassischer Beidfüßer: Texte stark, Kompositionen stark. Das müsste es doch mal sein. Um es mit Sven Regener zu sagen: Jetzt musst du springen.

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TM für Culturmag

Dringlich

“Es gibt keine Zeilen mehr, die so noch keiner geschrieben hat, also schreib sie so, daß sie wenigstens für dich selber notwendig sind” – so die Band Locas In Love in ihren Linernotes zum neuen Album “Lemming”. Wenn es eine deutsche Band gibt, die seit jeher nach diesem Prinzip arbeitet und der man anmerkt, dass sie will was sie tut und dass sie, was sie nicht will, halt eben auch nicht tut, dann sind das Locas In Love. Wie auch schon auf den bisherigen Alben sollte man der Band etwas Zeit geben, sollte die Songs ruhig immer und immer wieder hören, denn es gibt diesen Moment, da werden sie zu wahren Freunden. Etwa wenn die helle und oberflächlich betrachtet naive Stimme von Stefanie Schrank die Erkenntnis ausspricht: “Das Licht am Ende des Tunnels ist ein Zug”, oder wenn Björn Sonnenberg in “Die zehn Gebote” das schon erwähnte Bandmantra in eine kleine Geschichte gießt, mit dem Fazit: Man sollte nur darüber reden, was einen von anderen unterscheidet, auch wenn es der aktuelle Wunsch ist, ins Autokino zu gehen und dabei nicht allein zu sein. Besser jedenfalls, als ein tausendfach wiederholtes ‘Ich leide an der Welt’ in den Äther zu blasen, denn Leiden an der Welt, das ist Kitsch. Gar nicht kitschig dagegen ist sowas wie “Spoiler Warning”, wo der Band die interessante Kreuzung aus “Ein Loch ist im Eimer” und “Let It Be” gelingt – eine Kreuzung, die garantiert schon immer da war, aber erst gefunden werden musste. Mit Locas In Love ist es eben, wie’s auch in den Linernotes steht: “Das kann man nicht erklären, da gibt es nichts zu verstehen, das ist wie mit Gott oder der RAF, entweder glaubt man daran oder eben nicht.” Goethes Faust hätte es nicht besser sagen können.

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weitere: Unser Studiotagebuch bei Rolling Stone, Die Tageszeitung taz, Piranha Magazin, Rote Raupe (Album der Woche), Titel Magazin, Plattentests.de (Album der Woche), Einslive, Uncly Sally Magazin (Artikel / Review), harvest Blog (enthält diesen tollen Satz über uns: "Wo kommt nur diese unangenehme Weisheit her?"), SLIK Magazin, hifi & Sterero, Triggerfish, der Bänkelsänger Blog, Whiskey Soda Magazin (Interviewartikel / Review), Viva.de, Flight 13 Katalog, Cigarettes In Hell Blog, Melodie & Rhythmus Magazin, TAZ Popblog Songs der Woche, Monsters and Critics, TAZ Popblog Die zehn besten Alben 2011, FAZ Alben des Jahres 2011


winter WINTER (erschienen am 28.11.2008 als CD/LP auf Sitzer Records)
Interviews Mainstage
Nillson
Paraguas
Rezensionen / Artikel (Auswahl)  
 


Financial Times

Ach, die Kollegen, die groben Klötze! Rollen mit den Augen und schnauben Gemeinheiten, wenn man mit "Winter" ein wenig Jahresendzeitbehaglichkeit durch die graue Bürostube flocken lässt. Nichts verstehen sie von den Freuden vorsätzlicher Melancholie und Blässlichkeit! "Winter" von der Kölner Band Locas in Love ist ein berückend sanftes, herzwärmendes Konzeptalbum über die kalte Jahreszeit, das Recht auf Verschnupftheit und die Notwendigkeit des Vogelfütterns. Minimalistisch instrumentierte Bettkantenmusik, mit Streichern und Glockenspiel - und bei aller Gefühligkeit komplett kitschfrei.
"Für den Umsturz, den wir planen, ist noch bis Frühling Zeit", singt Björn Sonnenberg völlig plausibel, und ringsumher wird alles so still, wie es bei laufender Musik eben werden kann. Obendrein gibt es ein hübsches Cover des verschlurften "Twin Peaks"-Titellieds "Falling", lustige Xylophonanleihen bei Kylie Minogue - und mit dem gleichmütig traurigen Lied "Eulen" (und Textzeilen wie "Alle sind so allein") eine aufrichtige Alternative zum widerwärtig heiteren Einsamkeitsschlager "Allein, allein" von Polarkreis 18.
(Anja Rützel)

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Vice


Die einzige deutschsprachige Band, von der man sich gern verarschen lässt. Sie vermögen es, genau so betulich herumzuklimpern, wie viele ihrer Artgenossen auch. So dass man nach zwei Takten nur darauf wartet, dass sie doch endlich die sonst übliche zahnlose Tagebuch-Poesie auspacken, damit man den Tonträger guten Gewissens als Frisbee in den Winterabend entlassen kann. Dann sagen sie aber nur eine Zeile auf und sofort wird klar, dass es hier nicht betulich zugeht, sondern dass hier jemand elegant über Existenzabgründe hüpft. Und selbst wenn du gestern noch deine Twee-Pop und Slowcore-Sammlung an deine kleine Schwester verschenkt hast, um Platz für eine Bronzestatue aus Papua-Neuguinea zu schaffen, wirst du zugeben müssen, dass nur diese Band es sich erlauben darf, ein Winter/Weihnachtsalbum aufzunehmen und obendrein noch Julee Cruise zu covern.
(Nicole Ausieh)


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Intro

"Für den Umsturz, den wir planen, ist noch bis Frühling Zeit", singt Björn Sonnenberg auf dem neuen Album von Locas In Love. Der Ich-Erzähler, so erfahren wir weiter, müsse erst mal die Vögel vor dem Fenster füttern.

Vögelfüttern statt Umsturz - spinnen die jetzt völlig? Natürlich nicht. Tatsache ist, dass Locas In Love mal eben ein Winteralbum aufgenommen haben. Ohne nur ansatzweise in die Nähe des Kitschigen zu geraten, präsentiert die Band - frei nach dem Konzept des Weihnachtsalbums - elf Songs voll von winterlichen Stimmungen. Dabei versteht sie ihr Winteralbum eben nicht als einen regulären Nachfolger von "Saurus", sondern als ein Zwischenstück. Es scheint, als sei "Winter" für Locas In Love selbst eine Art therapeutisches Vögelfüttern. Während sich die Aufnahmen zu "Saurus" über fast zwei Jahre erstreckten, ist "Winter" in verhältnismäßig kurzer Zeit entstanden. Statt im professionellen Studio wurde im kleinen Wohnzimmer aufgenommen.
Und genau das hört man dem Album an, kann es aber gleichzeitig kaum glauben: Denn die intimere Produktion erzeugt das Gefühl eines kalten Wintertages in den eigenen warmen vier Wänden - all die Streicher, Glocken, Pianos, Ukulelen, Trompeten und Chöre lassen "Winter" jedoch alles andere als schlicht wirken. Selbst nach dem zehnten Hören entdeckt man hier und da noch eines der zahlreichen Instrumente. Das klingt dann mal nach den Kinks oder den Beatles, mal nach Nick Drake oder John Cale. Und dann entdeckt man plötzlich wieder in einem Glockenspiel die Melodie von Kylie Minogues "Locomotion" oder in einem Pianosolo Steve Harleys "Tumbling Down". Eine Platte voller liebenswürdiger Details. Spätestens mit der hymnischen Parole "Kälte hin oder her, ich will nicht aufgeben / Ich bin keine Maschine, ich werde nicht funktionieren" wird klar: Dieses Album wird dich schützend an die Hand nehmen und sicher durch den Winter führen.
(Manuel Czauderna)


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De:Bug

Ich gebe meine Unwissenheit gerne zu: Locas In Love sind bislang völlig an mir vorbeigegangen. Vielleicht geht es euch da ja anders, drum sei hier explizit darauf hingewiesen, dass "Winter" nicht das dritte Album der Band ist, sondern lediglich ein Intermezzo, ein speziell für den Winter komponierter Heizlüfter der Langsamkeit. Ich mag keine deutschen Texte. Weil ich mir keine noch so banale Textteile mit dem Gedanken an Londoner Nebel schönreden kann. Ich mag aber Locas In Love. Weil es mich stellenweise an die großen Tage von Element Of Crime erinnert. Die haben musikalisch ein paar große Platten gemacht und es geschafft, den Umschwung ins Deutsche mit Würde und Cleverness über die Bühne zu bringen. Wie auf "Winter" Vocals und Musik zusammengehen, erinnert mich an diese Zeit. Auch wenn diese Band hier über völlig andere Dinge singt. Es schwingt eine Seelenverwandtschaft mit. Das finde ich prima.

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spiegel.de

Ausgerechnet der Kölner Band Locas In Love wird die Ehre zuteil, das letzte "richtige" Studio-Album aufgenommen zu haben, das in diesem Jahr in dieser Kolumne besprochen wird. Woher kennen wir diese Gruppe, die auf "Winter" mit Lap Steel, Ukulele, Glockenspiel, gestrichenem Bass und Dobro beeindruckt und mit Gastmusikern aufwartet, die bereits bei den Magnetic Fields, Sufjan Stevens oder Le Tigre mitspielten? Aus Fanzine-Zeiten, von der Band Unser kleiner Dackel (später: The Dackel 5) und durch die Bassistin Stefanie Schrank, die auch bei Karpatenhund spielt und deren apokrypher Name schon früh zu Spekulationen veranlasste. "Winter" ist ausdrücklich nicht der Nachfolger zur von einigen Leuten geradezu hündisch verehrten "Saurus"-Platte, sondern eine Art Konzeptalbum zur schönsten Jahreszeit. Das Gute daran: Nicht die üblichen Verdächtigen (Tocotronic, Blumfeld, Die Sterne), sondern John Cale, Beach Boys und späte Beatles ("Christmas No.1 Hit") dürften hier den größten Einfluss gehabt haben. Auch nett: Das Wiederhören mit Julee Cruises "Twin Peaks"-Schleicher "Falling".
(Jan Wigger)

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Titel-Magazin


Kein Reim auf die Welt

"Ich war lange nicht mehr hier/ aber es hat sich nichts verändert" - fast zwei Jahre waren sie nicht mehr hier, aber ihre Songs sind unverändert gut. Von Tina Manske

Eines möchten Locas In Love gleich klargestellt wissen: „Winter“ ist NICHT ihr drittes Album nach „What Matters Is The Poem“ und „Saurus“, sondern ein Konzeptalbum aus der Reihe – eben ihr Winteralbum, man könnte auch Weihnachtsalbum sagen, das in der Popmusik ja auf eine lange Tradition zurückblicken kann. Von Anfang an ist man überzeugt, das sie wieder einmal etwas Besonderes geschaffen haben, mit minimaler Instrumentierung und besonders schönen Instrumenten (unter anderem Ukulele, Lap Steel, Mandoline, Toy Piano, Pauken, Chimes und Vibraphon), produziert in einer Wohnzimmeraktion, als kompromisslose Selbstermächtigung einer Band, ohne großes Geld, ohne große Produktion, dafür aber mit sehr guten befreundeten Gastmusikern wie Sam Lavazzara am Schlagzeug oder Kyle Resnick an der Trompete.
Sofort beim Opener „Packeis“ fühlt man umarmt mit den wenig kaminfeuertauglichen Zeilen: „Vergrabt mich im Packeis und holt mich erst wieder raus/ wenn die Forschung weit genug ist meine Wunden zu heilen“. Und kaum hat man sich von der leisen Melancholie Stefanie Schranks in „Eulen“ erholt („alle sind so allein“), kommt mit „Maschine“ auch schon einer der großartigsten Songs von Locas In Love überhaupt. „Ich bin keine Maschine, ich werde nicht funktionieren/ es geht nicht gut, ich bin keine Maschine“, singen Björn Sonnenberg und Stefanie Schrank, das Ganze unterlegt mit warmen Streichern und Bläsern. „Ich will diese Parole an Wänden sehen und auf Rucksäcken“, und das wollen wir auch. Sofort! Überhaupt möchte man ständig zitieren aus diesen Liedern.
Dann „ICE Wilson Bentley“, ein Song aus einer Zeit, in der die Züge noch Namen hatten statt Nummern. „Ich komm am Samstag mit dem Zug an/ kann mich jemand abholen?“ - wie leicht könnte solche eine Zeile von Vorwurf durchzogen sein, man hört direkt das scharfe doppelte K; bei Sonnenberg wird der Refrain dieses Driving-home-for-Christmas-Songs im Dreivierteltakt zu einer sanften Einladung, inklusive leisen Schlittenschellen. Man weiß ja, was einen erwartet, bei der Familie, daheim, wo auch immer. Es verändert sich ja doch nichts, oder verändert man sich nur selbst nicht? Unentschieden. Es wird hier auch nicht angeklagt, sondern hingenommen, aber nicht resigniert, sondern selbstbewusst: „Nichts ist geheim/ es ist einfach nur kalt“. Locas In Love verweigern sich dem Reim auf die Welt, die Texte sind prächtige poetische Prosa ohne erzwungene Lautähnlichkeit.
Mit „Falling“ ist der Band ein unprätentiöses Remake des Titelsongs von David Lynchs „Twin Peaks“ gelungen, den Stefanie Schrank mit ihrer wunderbar naiven Stimme intoniert. Und kann es eine schönere Vorstellung von Romantik geben als die Zeile „Ich geh mir den Eissturm ansehen vom Fenster aus/ kommst du mit?“ (“Eissturm“)?
„Für den Umsturz den wir planen/ ist noch bis Frühling Zeit“, heißt es in „Wintersachen“, und dann wird en passant „die nächste Platte“ erwähnt. Es geht also gut weiter im neuen Jahr. Bis dahin aber hören wir „Winter“, alles was von außen kommt müssen wir nicht hören. Lieber sitzen wir am Fenster beim Eissturm, denn wir sind bei Locas In Love in schützenden Händen. Die Musik dieser Band ist tatsächlich von beispielloser Schönheit – wie ein Schneekristall.
(Tina Manske)

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Rote Raupe
, Album der Woche

im waschzettel, der übrigens erfreulicherweise darauf verzichtet, den rezensenten mit unerwünschter meinung zu impfen, sondern tatsächlich mal nützliche information bereithält - in diesem waschzettel also wird nachdrücklich darauf hingewiesen, dass dies mitnichten das reguläre dritte album der locas sei, sondern ihr winteralbum, das bewusst minimalistisch instrumentiert und einfach produziert sein sollte. damit reiht man sich ein in eine illustre schar von bands, die in dieser schönen tradition stehen: die beach boys, elvis und low etwa nennt der waschzettel, sufjan stevens fällt mir noch ein. apropos: der trompeter von sufjan stevens, kyle resnick, spielt auch mit. anstelle von lake michigan muss jedoch hier der (freilich zugefrorene) aachener weiher herhalten - wie im stück "wintersachen". daneben wirken noch ld beghtol, bekannt von den "69 love songs" der magnetic fields, sowie der new yorker percussionist sam lazzara mit. moment: sufjan stevens? magnetic fields? new york? genau: das album wurde zur hälfte in einem privathaus in brooklyn eingespielt, an den offdays der in der nähe stattfindenden aufnahmen zum nächsten album von karpatenhund (dem neben- bzw. hauptprojekt der locas in love). zur anderen hälfte wurde es in einem wohnzimmer in köln aufgenommen. allein durch diese umgebung waren natürlich die produktionstechnischen möglichkeiten beschränkt. aber die locas wären nicht die locas (man muss sich nur mal die beschreibung ihres effektgeräte-zoos auf ihrer website ansehen: nerds!), wenn das alles nicht wieder in perfektionismus ausgeartet wäre. lo-fi kann man von diesen typen einfach nicht erwarten - dennoch, der bombast des letzten albums, "saurus", fehlt hier und lässt raum für leise töne und, ja: winterstimmung. übrigens: winterlieder können, müssen aber nicht zwangsläufig ausschließlich von winterthemen handeln. "packeis", "ice wilson bentley" (wilson bentley: amerikanischer schneeforscher, recherche des verfassers), und "eissturm" tun es, mit "maschine" dagegen schmuggeln die locas ein bisschen protestsong unter den elterlichen christbaum - denn weihnachtslieder von "unseren" bands sind ja immer zumindest den versuch wert, auch mal "unsere" musik am weihnachtsabend aufzulegen. "roder" (hier erfolglose recherche des verfassers) legt sich um die gebeutelte seele des hörers wie eine warme outdoor-fleecejacke. "falling" ist eine vergleichsweise beschwingte coverversion des "twin peaks"-titelstücks, im original von julee cruise. und die englische version von "packeis" (na? na? "packice"!), gesungen von ld beghtol, gibt einem schließlich das gefühl, sich mitten in den "69 love songs" zu befinden. und jetzt die rhetorische frage: was kann man von einem winteralbum, bitteschön, mehr erwarten?
(Mawe)

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Plattentests.de

Warm ums Herz

Spuren im Schnee verraten alles, was man über das Leben wissen muss. Zum Beispiel, dass auch ein schlauer Fuchs tief sinken kann. Oder dass Weiß doch nicht die Farbe der Unschuld ist. Und nicht zuletzt, dass der Weg durch die Kälte nur ein einziges Ziel hat: Nahrung finden. Für das hungrige Herz. Die Spuren von "Saurus" verrieten vor knapp zwei Jahren alles, was man über Locas In Love wissen musste. Zum Beispiel, dass ihnen ein erstaunlich internationaler Sound gelingt, der so viel mehr aus dem Ärmel schüttelt, als herkömmlicher deutscher Indiepop auf dem Spickzettel stehen hat. Oder dass sie deutschsprachigen Liedern gerne englische Titel geben. Und nicht zuletzt, dass ihre Texte nicht bloß nach Suchmaschinenergebnis, sondern nach Bekennerschreiben und Vertrauensbeweis klingen.
Daran hat sich auch auf ihrer neuen Platte - die allerdings nicht als offizielles drittes Studioalbum, sondern als Konzeptalbum zum Thema "Winter" verstanden werden möchte - nichts geändert. In einem Punkt unterscheiden sich die elf Songs dann aber doch deutlich von ihren Vorgängern: Sie sind wesentlich filigraner. Liebevolle Häkelarbeiten, die klingen, als wären sie in einem Puppenhaus aufgenommen worden. Tatsächlich wurde "Winter" ausschließlich in Wohnzimmern eingespielt, und das Geld, das andere Bands für einen Produzenten ausgegeben hätten, lieber in Glühwein, Spekulatius und Teelichter investiert. Und in das eine oder andere Instrument: Vibraphon, Lap Steel Guitar, Korean Banjo, Mandoline, Mundharmonika, Toy Piano, Glockenspiel - eine unüberschaubare Anzahl weitgehend akustischer Klangkörper stapelte sich zwischen Schrankwand und Couchtisch. Man hätte damit locker zwei Adventskalender bestücken können.
Und doch spielt die Musik auf "Winter" nur die Rolle eines formschönen Kerzenständers, in dem Worte lodern, die auf wundersame Art und Weise leise Vereistes wieder auftauen, mit jeder Silbe. Die emotionalen Aggregatzustände bleiben nun einmal die interessantesten: "Vergrab mich im Packeis / Und hol mich erst wieder raus / Wenn die Forschung weit genug ist / Um meine Wunden zu heilen", singt Björn Sonnenberg (ausgerechnet!) mit einer Melancholie, die so tapfer und gefasst ist, dass sie jeden Gefrierbeutel zum Platzen bringen würde. Streicher wiegen sich im Takt gezuckerter Baumwipfel, Saiten werden sachte gezupft und das Tamburin klingt wie ein würdevoll sich nähernder Rentierschlitten. Über all dem thronen erhaben die "Eulen", denen Stefanie Schrank ihre angenehm unprätentiöse Stimme leiht.
Locas In Love haben verstanden, dass man sich mit dem Winter verbünden muss, wenn man den Schnee von gestern aus der Einfahrt zur Zukunft räumen möchte. Andererseits bietet Kältestarre durchaus Gelegenheit zur Rebellion: "Ich bin keine Maschine / Ich werde nicht funktionieren" heißt es im besten Lied der Platte, bei dem Kyle Resnick, der bereits mit Sufjan Stevens, The National und Spoon kollaborierte, meisterlich trompetet. Man wird ihn in dieser halben Stunde noch öfter hören - so auch bei dem großartigen "Wintersachen", einer Ode an die still und starr ruhende Stadt. Der "ICE Wilson Bentley" schließt sich spontan der Entschleunigung an und fährt im Bummelzugtempo - dafür aber mit Ukulelenantrieb, clever integriertem Freizeichen-Getute und fulminanten Paukenschlägen. Ähnlich engagiert hüpft das Piano im "Christmas No. 1 hit", während die Cover-Version des "Twin Peaks"-Themas "Falling" seine bittersüße Eiskristall-Ästhetik zelebriert. Dieser "Winter" wird Spuren hinterlassen. Und sie werden alle in hungrige Herzen führen.
(Ina Simone Mautz)

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BR ON3 Radio
, Album der Woche


Eigentlich sollte "Winter" gar nicht das neue Album von Locas in Love sein. Es sollte eine Art Zwischenstück sein. Nach "Saurus", dem viel gelobten zweiten Album der Kölner Band. Also kein echtes Album, sagen die Locas. Warum, versteht man nicht so richtig. Denn es ist definitiv eine runde Platte geworden.
"Winter" ist ganz rasch entstanden, nachdem Locas In Love am Vorgänger "Saurus" richtig lange rumgebastelt hatten. Inzwischen gibt es ja nur noch drei feste Locas-Mitglieder: Björn Sonnenberg, Stefanie Schrank und Jan Niklas Jansen.
Für "Winter", das zu großen Teilen in New York entstanden ist, haben sie aber den einen oder anderen Gastmusiker verpflichtet, der schon bei richtig großen Alben am Start war: Kyle Resnick etwa, der sonst Trompete für Sufjan Stevens spielt, und LD Beghtol, der schon bei den "69 Love Songs" der Magnetic Fields mitgemischt hat.
Überhaupt stehen die elf Songs von "Winter" in der Tradition der Alben, die uns die letzten Weihnachtsfeste versüßt haben: dem Christmas-Album von Sufjan Stevens zum Beispiel, oder der Weihnachts-EP von Low. Mit ihrer feinen, so sparsamen wie kreativen Instrumentierung schaffen es die drei ein unkitschiges, unprätentiöses Feiertagsfeeling zu erzeugen, das auch den gemeinen, zynischen, emotional verarmten Großstädter nicht peinlich berührt.
Und wenn die Locas so einen Wert darauf legen, dass das kein reguläres Weihnachtsalbum ist: Dann freuen wir uns mit "Winter" einfach auf das nächste. Und hören bis dahin das herzerwärmende Twin-Peaks-Cover "Falling", gesungen von der wunderbaren Stefanie Schrank.

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Sellfish.de


Wo anfangen bei diesem Werk, das sich so schlicht gibt und doch so groß ist? Locas In Love haben mit „Winter“ ein Album aufgenommen, das sie nicht als ihr drittes betitelt sehen wollen, sondern als ein eigenständiges Quasi-Konzeptalbum. Eines, das sich an die Kategorie „Weihnachtsalbum“ rankuschelt, dann aber doch lieber aus der Reihe tanzt und sich mit der alltäglichen Kälte und ganz speziellen „Wintersachen“ beschäftigt.
Dabei versprühen Locas In Love ihren typischen Charme, der sich aus reduziertem Lo-Fi-Pop und dann doch wieder großer Instrumentierung zusammen setzt. Eine Ukulele trifft hier zum Beispiel problemlos auf ein bezaubernd traurig-schönes Streicherarrangement. Für „Winter“ hat man sich außerdem ein paar ganz besondere Gäste dazugeholt: LD Beghtol, den man als Sänger vom Magnetic Fields-Referenzwerk „69 Love Songs“ kennen kann oder Kyle Resnick, der ansonsten bei The National oder Sufjan Stevens Trompete spielt.
Dazu kommen Texte, die man fast schon als niedlich bezeichnen möchte. Im positiven Sinne. Locas In Love verknüpfen auf ganz geschickte Weise fast schon kindliche Naturbilder mit klassischen Coming-of-age-Beobachtungen und beschreiben so ganz behutsam die ganze Härte des Schweinesystems. Sie besingen einen Zustand, der sich anfühlt wie im „Packeis“ gefangen zu sein, die verwirrende Mischung aus Freude und Unbehagen an Weihnachten nach Hause zur Familie zu kommen und verpacken das in so wunderbaren Stücken wie „ICE Wilson Bentley“ oder „Maschine“. Mit „Winter“ haben sich Locas In Love selbst ein Denkmal gesetzt und dabei ist es noch nicht einmal ihr drittes Album.
(Sebastian Gloser)

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Musicheadquarter


Vor ein paar Tagen kam der Winter. Über Nacht lagen hier im Flachland auf einmal 10cm Schnee. Diese innerliche Ruhe und irrationale Nostalgie, die das kalte Weiß auslösen, sind schwer zu erklären und schwer zu fassen. Die Kölner Band Locas In Love haben etwas in dieser Richtung versucht. Explicit soll “Winter“ nicht ihr drittes reguläres Studioalbum sein, sondern ein Konzeptalbum, das es auf die Grundstrukturen der kalten Jahreszeit abgesehen hat. In gewohnt sympathischer Do-it-yourself-Manier haben Locas In Love elf Songs aufgenommen, die den Winter thematisieren, ihn vertonen, ihm Lobhuldigen, ihn zum Ventil machen.
Auch auf “Winter“ zelebrieren Locas In Love ihren vielschichtigen Mix aus Folk-, Indie-, Noise-, Lo-Fi- und Singer/Songwriter-Posen. Im Flur, in der Küche, in Brooklyn und in Köln wurde die Platte aufgenommen – Improvisation macht große Kunst. Sätze wie Ich bin keine Maschine, ich werde nicht funktionieren oder Ich komm am Samstag mit dem Zug an, kann mich jemand abholn‘? bringen dich mit all ihrer subkutanen Tragweite an den Rand der eigenen Erkenntnis. Locas In Love formulieren das, was ihren Altersgenossen beim Anblick des aufkommenden Winters durch den Kopf geht. Niemand vermag es so eindringlich und aufrüttelnd auszudrücken und in Musik zu packen, wie die Kölner Band. Am 23. Dezember machst du dich auf die Auto-, Bahn- oder Schlittenfahrt von deiner neuen Stadt in die alte Heimat. Die ungewisse Sehnsucht regiert und Locas In Love liefern dir den gespenstisch treffenden Soundtrack. Mit Pauken, Melodica, Vibrafon, Glockenspiel, Nashvillegitarre, Korean Banjo, Ukulele und der klanglichen Frage nach Laura Palmers Mörder.
Früher hätten die Locas – auf “Winter“ sind das Björn Sonnenberg, Stefanie Schrank, Jan Niklas Jansen, Christian Schneider und Sam Lazzara – gut auf Hausmusik oder Supermodern gepasst. Heute erscheinen sie auf Sitzer und das ist nicht minder passend. Wer im Radio, in den Charts oder auf LastFM nicht wirklich viel Musik findet, die man hören mag, macht sie halt selbst. Unterm Strich sind Locas In Love am Ende nur sich und den eigenen Fans verpflichtet. Wer nach mehr oder weniger sieben Jahren Bandgeschichte noch genug frischen Dampf für so ein herausragendes Konzeptalbum hat, um den braucht man sich keine Sorgen machen. Die Locas machen tolle Musik und sie werden überleben. Warum? Weil es etwas Vergleichbares in Deutschland sonst nicht gibt und weil wir sie brauchen. Bei Sonne, Regen oder Schnee.
(Sascha Knapek)

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Süddeutsche Zeitung


Bedrohlich
Locas in Love lassen Glocken klingen im Atomic Café

"Die Tage vergehen so langsam und die Jahre so schnell", konstatieren Locas in Love auf ihrer Wintergala im Atomic Café. Ein wenig besinnlich, vor allem aber mit einer Gastfreundlichkeit, die sie permanent nach dem Wohlbefinden der Besucher des bestuhlten Atomic Cafés fragen lässt, widmen sich die Kölner entsprechend ihrem aktuellen Album "Winter" dieser von Weihnachten dominierten Jahreszeit. Also geht es auch immer wieder um das Zurückkommen ins elterliche Haus zu den Feiertagen: Das Nach-Hause-Kommen, das in Wahrheit gar kein Nach-Hause-Kommen mehr ist. "Egal, wie weit du weg gehst, es ist doch immer hier", heißt es in einem Song. Das mag tröstlich wirken, eine vermeintliche Konstante in der Vergänglichkeit allen Seins, dem Sänger Björn Sonnenberg scheint das allerdings eher ein Fluch zu sein: "Ich komme am Samstag mit dem Zug. Kann mich jemand abholen?"
Diese Zeilen kennt sein junges Publikum gut. Ist es selbst doch noch in einem Alter, wo auf dem Weihnachtsbesuch daheim das Nicht-mehr-Kind-Sein am Immer-noch-Kind-Sein zerbricht. Locas In Love liefert dazu den passenden Soundtrack, mit lieblichem Glockenspiel und lustiger Ukulele, die beide das Bedrohliche, das von der Twin Peaks-inspirierten Musik ausgeht, jedoch nicht überspielen. Wild reibt der Sänger den Gitarrensteg am Mikroständer, derweil der andere Gitarrist das Instrument zum Verstärker hin und her schaukelt. Ein wunderbares Klangspektakel, das alle Besinnlichkeit der vorausgegangenen anderthalb Stunden austreibt.
(Dirk Wagner)

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Flaming Youth

LOCAS IN LOVE, eine der besondersten Bands hierzulande eröffnen die Winterzeit mit einem Interimsalbum. Explizit und mehrfach wird im beiliegenden Infoblatt darauf hingewiesen, es handele sich bei "Winter" nicht um das reguläre dritte LOCAS IN LOVE-Album, sondern um ein Konzeptwerk, ein Winteralbum. Angeblich als Gegentwurf, als reduziertes Zwischenstück.
Faktisch ist es aber doch ein neues LOCAS IN LOVE-Album, zumindest wenn ein solches sich definieren lässt als ein weiteres Lebenszeichen, elf Songs aus einem Guss, eine zwangsläufige Weiterentwicklung oder ein vorweihnachtlicher Pflichtkauf. Zwar haben sie dieses Mal auf die große Soundkulisse verzichtet und sich mit kleinem Geschirr selbst aufgenommen, doch wer kann, der kann eben. "Winter" klingt angenehm intim, geschmackssicher und wie ein schon immer dagewesenes Stück Musik.
LOCAS IN LOVE haben ein ganz besonderes Talent - sie schaffen es, dass man sich erinnert. An was oder wen auch immer. Insbesondere Björn Sonnenberg hat eine Art zu texten, die mich regelmäßig an Vergangenheitsplätze zurückwirft, die lange tief vergraben waren. Die Selbstauferlegung sich in der Pop-Disziplin "Weihnachtsalbum" zu versuchen wird behutsam angegangen. Texte über Packeis, Eisstürme und sogar ein Lied mit dem Titel "Christmas No. 1 Hit" rauschen einem entgegen. Bei LOCAS IN LOVE funktionieren derlei Vokabeln aber genau wie eh und je als Vehikel zum Stimmungstransport und als Metaphern für ihre ganz speziellen, unausgesprochenen Lebensweisheiten. Eine simple Zeile wie "Ich komm' am Samstag mit dem Zug an, kann mich jemand abholen?" reicht bei LOCAS IN LOVE aus um einen universellen Einblick in menschliche Gefühlswelten zu vermitteln.
Als besonderen Höhepunkt möchte ich noch das Stück "Falling" erwähnen. Eine sanftmütige Stefanie Schrank schwebt über einen Klangteppich, der sich scheinbar stark an das Twin Peaks-Thema anlehnt. In sich ruhend und raumfüllend, elegant und auch ein bisschen beunruhigend. Stefanie Schrank erinnert mich hier einmal mehr an eine etwas weniger morbide NICO zur "Chelsea Girl"-Zeit. "Winter" ist voller Streicher, Trompeten, Glockenspielen, voller Melodie und Beseeltheit. "Winter" ist unaufdringlich und wärmend. LOCAS IN LOVE werden uns noch viel geben, davon bin ich überzeugt.
(Niclas Breslein)

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Nillson

Nach dem überirdisch großen „Saurus“ aus dem letzten Jahr und zwischenzeitlichen Engagements mit der overground-orientierten Zweitband Karpatenhund haben die wundervollen Locas In Love eine neue Platte gemacht. Sie soll aber nicht das neue, dritte Album der Band genannt werden, das sagen alle Informations-medien unisono. Wieso bloß nicht? Auch wenn „Winter“, so der Name des Werkes, die Antwort vielleicht erahnen lässt – nötig wäre das, was man wahrscheinlich am besten als sympathisches Understatement verstehen kann, nicht gewesen. Denn „Winter“ entspricht vielleicht nicht den steigenden Ansprüchen des Quartetts in Hinsicht auf Produktionsstandards, es ist dadurch aber kein bisschen schlechter als eine mögliche propere nächste Platte, sondern – genau richtig so.
Denn die Eigenheit und auch Qualität der Locas ist es eben nicht, eine gelackte Indiepopband mit Diskothekenhits und Massenappeal zu sein, sondern ein etwas naiver, ziemlich impressionistischer und unglaublich knuddeliger und wärmender Entwurf von lofi, von Folk, von diy. „Winter“ zum Beispiel trägt das Konzept schon offensichtlich im Namen vor sich her, es geht um die Stimmungen, die Kälte draußen, Kuscheln zuhause und Weihnachten mittendrin exklusiv transportieren. Zumindest die aus einem innehaltenden, nachdenklichen, ehrgeizfreien und doch getriebenen Blickwinkel. Wer sich darin wieder finden kann, ist bei der Rezeption der Platte in all ihren Facetten klar im Vorteil. Ich bin so jemand und lasse mich schon seit Tagen und bestimmt noch die ganze Jahreszeit lang von ihr wärmen, und in einem Jahr sicher auch wieder.
Dem kommt zupass, dass Locas In Love in ihrer ganzen Anlage und ihrem Musikverständnis die perfekte Band für dieses Konzept zu sein scheinen, ebenso für die wohl notgedrungen eher unaufwändige Art der Produktion. Ihre große Stärke ist neben einem mittlerweile mehr als passablen Songwriting ihr Gefühl, nicht Gespür, für abseitige Instrumente und die Kraft ihrer Klänge. Ich würde mich nicht wundern, wenn sie mittlerweile ein Arsenal an Plastik- und Holzspielzeug zur Klangerzeugung in ihrem Proberaum zusammengerafft hätten. Die richtigen Sounds für jeden Song finden sie auf „Winter“ jedenfalls hörbar blindlings, ob nun eine kleine Melodika oder die glänzende Trompete von The Nationals Kyle Resnick, und auch das beste Studio der Welt hätte die Ergebnisse kaum besser ausfallen lassen können.
Das betrifft sowohl Kleinode in Pop wie „Maschine“ als auch das wundervoll angefrorene Julee Cruise-Cover „Falling“ oder "Bushwick", das schönste Liebeslied seit langer, langer Zeit. Auch wenn Locas In Love eine durch und durch intime und persönliche Sache sind, kann man angesichts von „Winter“ doch eine allgemeingültige Wertung wagen: Eine bessere Vertonung von Winterwelt hat es zumindest im Pop noch nicht gegeben. Das intuitive Gespür dieser Band ist dabei fast ebenso bewundernswert wie ihre Musik, die natürlich Produkt harter und entbehrungsreicher Arbeit ist, auch wenn das hier zu betonen irgendwie nicht richtig passen will. Trotzdem ist der dominierende Eindruck: So sinnlich möchte ich auch gerne sein.
(Christian Steinbrink)

saurus SAURUS (erschienen am 9.2.2007 als CD bei Virgin/EMI und LP bei Sitzer Records)
 

Radio 1

Wer hätte gedacht, dass aus Köln nicht nur großartige Elektromusik kommt, sondern auch Gitarrenpop mit viel Seele. Locas in Love heißt eine vierköpfige Band, die mit umwerfender Unbekümmertheit ein Album präsentiert, das dramatisch, traurig, witzig und vor allem stimmig ist. „Saurus“ heißt dieses Album der Kölner Band Locas in Love.

Radiointerview vom 14.03.2007 mit Live-Version von 'High Pain Drifter' für den Real Player: hier.

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Musikexpress März 2007:


Kluger deutscher Szenetypen-Pop, den man am liebsten verstecken möchte, um ihn zu beschützen.

Man hat ja oft Angst, sich zu weit aus dem Fenster zu lehnen und auf die Straße zu klatschen. Aber, was soll’s: Locas In Love, diese unverhoffte kleine Band aus Köln, könnte ein Wunder werden. Es wäre glatt möglich, dass diese vier Menschen nach langer Zeit die ersten sein werden, die wieder anfangen, Dinge richtig zu machen: nicht für Raabs Bundesbandwettbewerb spielen, sich nicht von der Neon unter die 100 wichtigsten jungen Deutschen wählen lassen. Warum sie so besonders sein sollten? Nun, hier kommt er also, der Moment des Rezensentenaufschlags auf dem harten Asphalt: Locas In Love sind die beste neue hiesige Popband dieses Jahrtausends. Punkt. Oder anders: Endlich begegnen sich bei einer deutschen Band mal wieder Popinstinkt, Hirn und Stilsicherheit auf Augenhöhe. „Sachen“ heißt der erste Song des zweiten Locas-Albums, und er verhandelt sehr geradeaus Dinge, die zu öde sind, um sie Themen zu nennen: „Sachen“ also. Gerade fragt man sich noch, ob eine Band wirklich über etwas singen sollte, worüber zu sprechen schon langweilig genug ist, da hat man sich schon in Björn Sonnenbergs versmaßsprengenden Gesangsstil verliebt. Im zweiten Song „Zum Beispiel ein Unfall“ spuckt Co-Sängerin Stefanie Schrank Judith Holofernes mal eben ins Poesiealbum, und spätestens bei der anrührenden Loser-Hymne „Comandante“ wünscht man der Band wahlweise eine Weltkarriere oder will sie nur noch für sich allein haben. Ihre größte Stärke – neben den schlichten, aber packenden Melodien – sind die Texte: Schnodderpoesie und Luschenlyrik mit wundem Punkt (sehr schön im Weihnachtsheimkehrerdrama „Egal wie weit“). Und mit dieser Pose gelingt ihnen fast alles: Typenkarikaturen, Krawallbekundungen, putzige Endzwanziger- und Frühdreißigeranalysen, Jugendphrasenverdrehereien und aussichtslose Utopien. Und immer, wenn’s gerade am schlimmsten schmerzt, bekommt man etwas zu lachen: „Ich verkrampf mich immer fester und blicke so starr/dass meine Augenbrauen wehtun/In 20 Minuten werd’ ich Muskelkater haben“ (aus „High Pain Drifter“). Die Musik dazu ist freundlich swingender Jungliedermachergitarrenpop zwischen hutzeliger Post-Kleinkunst und arglosem Weltumarmer-Schlager: Manchmal klingt die Band fast wie Herman Düne auf deutsch, falls das jemandem hilft. Ohne ihnen eine Last auf die schweren Schultern laden zu wollen, aber vielleicht schaffen sie es ja wirklich, Raab und NEON von der Schippe zu springen. Es ist möglich, daß manches hier bald schon wieder zu alltagsverhaftet, zu geheimnislos, zu anständig poprockig, am Ende vielleicht sogar doch wieder zu deutsch klingt. Man kennt sich ja. Doch jetzt, in diesem Moment, ist diese Platte geradezu eine Offenbarung. * * * * * (fünf Sterne)
(Eric Pfeil)

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Spex # 306, 01-02/2007:

Die »Sachen«, die uns beschäftigen, ohne wichtig zu sein, ohne Leidenschaft zu erfordern, sie halten uns auf, zurück und in engen Kreisen gefangen. Gleichwohl sind es die Dinge, um die herum Locas In Love ihr grandioses Album aufbauen. Ja, ich scheue mich nicht, dieses Adjektiv hier und jetzt zu betonen. Musik, die nicht aus dem Alltag oder vor dem Gegenüber flieht, die denkt, fühlt und weitererzählt, was in den Gedankenwelten von Frank Spilker oder Jochen Distelmeyer jemals eine Rolle gespielt hat.
Auf der Suche nach Ehrlichkeit, Wahrhaftigkeit und Nähe zelebriert diese Band in großformatigen Popsongs schlichtweg echtes Storytelling, unkodiert und lyrisch liebevoll in Szene gesetzt. Jenseits von Floskeln zu texten kann ja bekanntlich ganz schön in die Hose gehen. Nicht so hier. Schönstes Beispiel ist hier sicherlich die völlig unpeinliche Ödnis-Beschau des »Hauses Deiner Eltern« in »Egal wie weit«. Locas’ Geschichten spielen sich in jedem Leben ab, gehen raus in den Alltag. Gut so, und eigentlich der einzig richtige Weg.
Die Musik trägt die Worte weiter. Ein fast unfassbares Amalgam aus Einflüssen lässt »Saurus« musikalisch leuchten. Nervös fuchtelt meine Hand im Nichts herum, um die Bands vor meinem geistigen Auge zu erhaschen, die in der Referenzliste an mir vorbeirauschen. Ist es nun blöd, Weezer, They Might Be Giants, Sonic Youth und Bright Eyes als exemplarische Big Shots aus dem Register zu ziehen? Wer kennt schon noch Geschmeido? Was ist eigentlich die hiesige Entsprechung zu Americana? Ist »Rosa Mond« nun wirklich eine Anspielung auf Nick Drake? Okay, das führt zu nichts...
Gleichzeitig aber klingt das Album – Vorsicht, Floskel! – so reif und aus einem Stück gehauen, dass ich mich immer wieder vergewissern muss, wie jung diese Band ist. Mehr als das und die Tatsache, dass Kollege Jan Niklas Jansen neben Spex auch diese Band mit seiner Kreativität befeuert, weiß ich nicht über Locas In Love. Was egal ist, denn nach einem Hördurchgang ist die Band ohnehin ein guter Bekannter – und für meine allerletzte Spex-Rezension wohl der schönste Gegenstand, den ich mir wünschen konnte. Danke.
(Carsten Sandkämper)


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taz, 5.2.2007

Das bringt die Woche
MUSIK: Am Freitag kommt das Debüt der schönen deutschen Band Locas In Love in den Handel. Es heißt "Saurus" und klingt wie eine Mischung aus Bright Eyes und den Lassie Singers - also toll.

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mbeat, Ausgabe No.2_Februar_07

'Zum Beispiel ein Popwunder'

Toll! Da bekommt man nicht nur dieses wunderbare Album einer Band zugeschickt, von der man noch nie gehört hat, sondern auch noch den Link zu einem Reviewroboter mit vorgefertigten Phrasen. Nach kurzer Überlegung wird dieser allzueinfache Weg aber verworfen. Schließlich haben sich die vier Kölner mit ihrem Album mehr Mühe gegeben, als sie der Rezensent je in diese Zeilen stecken könnte. Bis ins Jahr 2004 gehen manche der Nummern zurück, aufgenommen wurden sie im Herbst letzten Jahres in England im Studio von Peter Katis (Spoon, Interpol, The National) und unter Mithilfe von Arab Strap Musiker Malcolm Middleton (ein Gitarrensolo), Streichern und sogar einem Kinderchor (Im wunderbaren 'Ich-bin's-nicht-gewesen'-Song 'Mabuse') eingespielt. Glaubt man den sich schier überschlagenden Kollegen der schreibenden Zunft, den Locas ist damit ein Eintrag als vielleicht beste deutsche Band des Jahrtausends sicher. Man glaubt! Bis ins kleinste Detail perfekt durcharrangierte Indiepop-Perlen, die sich rein musikalisch sofort ins Ohr festsetzen, in Sachen Lyrics aber für wunderbare Brechungen sorgen. Denn statt Versmaß steht hier der direkte Ausdruck des zutiefst Privaten im Vordergrund und wir dürfen Leute wie Martin kennenlernen (im Knast), die wohl irgendwie zum Freundeskreis des Quartetts gehören. Dazwischen angenehm unaufgeregt Politisches, 'Zum Beispiel Ein Unfall' und dergleichen unglaublich schöne Popwunder mehr, in schönem Wechsel mal weiblich, mal männlich intoniert. In einer gerechten Welt in Kürze mindestens mal im Jurassic Parc des deutschen Musikzirkus.
(Christopher Büchele)

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Intro Nr.147

tbt

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jetzt.de, Süddeutsche Zeitung vom 18.02.2007

Locas In Love
Woher: Quartett aus Köln rund um den Sänger Björn Sonnenberg, der sich mit Bassistin Stefanie Schrank den Gesangspart teilt und mit der Zweitband Karpatenhund samt Majormacht im Rücken auf dem Weg in die Hitparaden ist.
Wohin: Locas In Love werden mit dem neuen Werk "Saurus" von manchen schon jetzt als beste hiesige Popband dieses Jahrtausends gefeiert und Björn Sonnenberg als neuer Frank Spilker oder Jochen Distelmeyer gehandelt.
Klingt nach: Reduzierter Bombast aus leisen Momenten und großen Gesten. Eine Band, die Worte findet, wie sie einem selber nie einfallen würden.


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Hannoversche Allgemeine Zeitung, 13.03.2007

Romantisch und unbeugsam

„Indierock” – das war einmal so etwas wie das große, ewige Glücksversprechen des Rock ’n’ Roll: „Do It Yourself”-Prinzip traf auf Anti-Kommerz und Verweigerung als Daseinsform. Inzwischen ist „Indie” immer mehr zur Pose geronnen; was übrig bleibt sind Seitenscheitel, Retro-Turnschuhe und Hornbrillen. Die Kölner Band Locas In Love zeigt mit „Saurus”, dass es auch anders gehen kann. Benannt nach einem amerikanischen Underground-Comic aus den achtziger Jahren, hat sich das Quartett durch Jugendzentren bis nach New York gespielt – mit selbst produzierten EPs und einem endlosen Reservoir an renitenter Energie. Mit „Saurus” ist der Band ein großes Album gelungen. Dreistimmiger Gesang und Streichquartette, ein hüpfendes Banjo, Pfeifsolos und alle Arten von Tasteninstrumenten fügen sich ebenso selbstverständlich in den dichten Bandsound wie ein Kinderchor, der auf das System schimpft („Mabuse”). Was vielen Bands nur als ironisches Zierat gereicht, ist auf „Saurus” Programm: Die Locas kommen, um sich zu beschweren. Nach drohend rollendem Bass („Sachen”) berichtet Sänger Björn in holpriger Phrasierung vom Leben im Prekariat, während Gitarrengewitter im Wechsel mit poppigen Orgelböen vorbeizieht, das den Weg ins gelobte Land der Pixies und Velvet Undergrounds weist. Besonders zu Beginn der Platte regnet es sperrig-schöne Ohrwürmer wie „Comandante”, eine Liebeserklärung an den unangepassten Jugendfreund. Das alles klingt so mitreißend wie eine musikalische Version des Filmklassikers „Bonnie & Clyde” – romantisch und unbeugsam bis zum Schluss. In einem Wort: „Indie”.
(Daniel von Fromberg)

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titel-forum.de

Was wirklich wichtig ist

Sollte es möglich sein, dass eine junge Band aus Köln endlich den ganzen Deutsch-Pop-Soßenschleudern zeigt wo's langgeht? Aber ja.

Manchmal kommt es vor, dass einem eine Band schon nach wenigen Tönen ihrer neuen Platte vorkommt wie ein alter Bekannter. Dabei kann ich mich noch erinnern, dass ihr erstes Album "What Matters Is The Poem" mich damals, es war 2004, etwas ratlos zurückließ. Das war alles sehr gut gemacht, aber doch etwas sperrig. Vielleicht, ganz sicher sogar, habe ich mich auch so sehr verändert, dass der Zugang jetzt ein anderer ist. Jedenfalls wirkt das zweite Album "Saurus" geradezu beängstigend eingängig. Sollte es möglich sein, dass eine junge Band aus Köln endlich den ganzen Deutsch-Pop-Soßenschleudern zeigt wo's langgeht? Die über den Alltag singen kann und dabei all die Gedanken zu Papier bringt, die einem selbst so oft vor dem Schlafengehen durch den Kopf gehen? Mit Songs, die einfach restlos glücklich machen? Aber ja.
Ist Jan Niklas Jansen eigentlich noch Redakteur bei der Spex, die von Köln nach Berlin geflüchtet ist? Man möchte fast hoffen nein, denn dann hat er mehr Zeit für die wichtigen Dinge wie mit Locas In Love auf Tour gehen und an neuen Stücken arbeiten, zusammen mit Stefanie Schrank (deren herrlich naiver Gesang schön an die Lassie Singers und die Moulinettes erinnert), Sänger Björn Sonnenberg (der mit seinen ungewöhnlichen Zeilenumbrüchen die Schönheit der deutschen Sprache aufsägt, ohne sie zu zerstören) und Maurizio Arca. Jetzt, und zwar sofort, ist es an der Zeit diese Band zu feiern, für ihre wunderbaren Vergleiche ("ich liebte dich wie Che Guevara die Revolution"), für einen gänzlich unpeinlichen deutschen Country-Song ("To Get Things Straight") für wunderbare o-neliner ("für uns ist es schon zu spät, jung zu sterben und Legenden zu werden"), für wunderbare, unspektakulär dahingesungene kleine Weisheiten ("dass nichts für immer ist, und nichts je vorbei") und für mindestens einen modernen Klassiker mit Kinderchor ("Mabuse") und einen modernen Klassiker über das Nachhausekommen ins Haus der Eltern, begleitet von Widerwillen und Lebenslügen ("Egal wie weit"). Wurde da jetzt zu oft das Wort "Wunder" verwendet? Nein, für "Saurus" kann man es gar nicht oft genug in den Mund nehmen. Dafür sind ausnahmsweise mal alle Superlative angebracht. Blumfeld haben sich aufgelöst, und Die Sterne werden nie wieder so wichtig werden wie sie's mal waren. Na und? Wen schert's? Wir haben jetzt Locas In Love, das ist viel, viel wichtiger.
(Tina Manske)

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Visions Magazin

Bei der großen Menge deutschsprachiger Indie-Veröffentlichungen zurzeit bitte auf keinen Fall das zweite Locas In Love-Album unbeachtet lassen!

Die Kölner Band: mit dabei auf den vorderen Plätzen der Kandidaten, die den Durchbruch mehr als verdient haben. "Saurus" ist der Wurf, mit dem's gelingen sollte, in einer gerechten Welt definitiv gelänge. Die Band entwickelt einen bis ins kleinste Detail durchdachten Sound, der dennoch nicht überproduziert klingt, sondern den Charme früher Sterne-Platten oder der Lassie Singers transportiert. Bei "Mabuse" singt tatsächlich ein Kinderchor, ohne dass einem Pink Floyd in den Sinn käme. Dass die Songs unter die Haut gehen, liegt auch an der Art, wie vornehmlich Björn Sonnenberg die Texte vorträgt. Als wäre er auf dem Weg vom Erzählen zum Singen kurz vorm Ziel stehengeblieben, hört man ihm zu, wie man Geschichten lauscht. Guten, persönlichen Geschichten. Immer eigenständig und in loser Verbindung zum übrigen musikalischen Geschehen stehend. Und das hat es in sich. Mehr als zwei Jahre sind seit ihrem Debüt "What Matters Is The Poem" ins Land gegangen, die Hälfte der Zeit haben Locas In Love mit Aufnahmen zu "Saurus" zugebracht, in diversen Studios, mit vielen Gastmusikern, wo es ihnen nötig schien. Streicher, Bläser, Keyboards, ein Gitarrensolo von Malcolm Middleton, ein Radio, viele kleine Geräusche, nie zu viel, immer auf den Punkt.
(9/12)
(Wolfgang Kienast)


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Bizarre Radio

Man kann das auch so sehen: Sangen Locas In Love im Jahre 2002 in ihrem „Lovesong“ noch leicht hippie-esk „Uns’re Liebe richtet sich direkt/ gegen alles was nicht funktioniert/ Und wenn wir uns küssen ist das/ ein Statement gegen das Schweinesystem“ gründeten vier Fünftel der Band 2005 die Band Karpatenhund, um dann mit Unterstützung eines Majorlabels so richtig durchzustarten.
Andererseits: Die unglaubliche Kreativität und Spielfreude von damals behielt die Band bis heute bei (im Grunde genommen ist sie am vorläufigen Höhepunkt angelangt), und so arbeitete man ohrenscheinlich parallel. Und wie: Mit Unterstützung von Malcolm Middleton (Arab Strap), den man bei einer gemeinsamen Tour kennen lernte, unzähligen Instrumenten, einem Kinderchor und schließlich auch noch einer waschechten US-Produktion (Peter Katis, u.a. Clem Snide, Spoon, Interpol) nahm man das Album „Saurus“ auf.
Textlich findet sich die alte Verschrobenheit dann aber doch (zum Glück) noch wieder: „Und ich liebte dich / wie Comandante Che Guevara die Revolution“ („Comandante“). Ebendort heißt es auch: „Du hattest immer gute Ideen/ zum Beispiel in englischen Texten/ das Wort „pain“ durch „paint“ zu ersetzen.“ Eigentlich kaum zu glauben, wie man so etwas singen kann, ohne peinlich zu klingen. „Saurus“ ist – für die deutsche Rockmusik des neuen Jahrtausends - eine Offenbarung.
Und sonst: Man weiss gar nicht, wo man anfangen soll. Bei der wunderbar eingängigen (sagen wir es doch: phänomenalen) Popmusik, oder doch und immer wieder einfach bei den ebenso klugen wie traurigen wie lustigen Texten: „Ich verkrampf mich immer fester und blicke so starr,/ dass meine Augenbrauen wehtun./ In 20 Minuten werd’ ich Muskelkater haben“ („High Pain Drifter“). Während es im Opener noch heißt „Mit der Band läuft’s ganz gut/ Wir kommen viel rum/ Und machen eine neue Platte/ Du kannst die Demos mal hör’n/ Sie kommt bald raus“, leugnet sich die Band in „Mabuse“ dann selbst und behauptet (ebenso wahnwitzig wie selbstbewusst): „Ich war es nicht/ Es war Mabuse/ Er benutzte mein Gehirn.“ „Rosa Mond“ ist Nick Drakes „Pink Moon“ auf Deutsch und „Sachen“ könnte es tatsächlich zu einem neuen „Smells Like Teen Spirit“ schaffen. ...So könnte das endlos weiter gehen….
Lieder, die die Welt braucht! Wer das selbst herausgefunden hat (hoffentlich alle), kann übrigens mit Hilfe des „Review Roboters“ auf der Homepage der Band selbst eine Plattenkritik „bauen“. Auch wenn es schwer fallen wird, sich zwischen „Saurus – Egal, es knallt!“, „Mehr als nur ein Geheimtip“, „Voll auf die 12!“ und „Locas in Love sind die besseren Dinosaur Jr.“ für ein endgültiges Urteil zu entscheiden. Bitte rechts auf "REVIEW ROBOTER" klicken!
14 von 15 Punkkten
(Daniel Höfelman)

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komakino.de

Das wievielte Album der Kölner ist das eigentlich? Bei dem wahnwitzigen Output der Band verliert man allmählich den Überblick - umso erstaunlicher, dass ihre Songs einfach nicht schwächer werden. Das Gegenteil ist der Fall. "Saurus" ist jedenfalls das Majordebüt der Locas. Ob das mit dem ebenfalls auf Virgin erscheinenden Debüt ihres "Nebenprojekts" Karpatenhund zusammenhängt, sei dahingestellt - Tatsache ist, dass es weder ihnen noch ihren Songs schadet, denn aufgrund des oben erwähnten unglaublichen Potenzials des Songwritertrios Sonnenberg / Schrank / Jansen sind einfach genug Hits für zwei Alben da.
"Saurus" wurde in den USA von Peter Katis (Interpol, Clem Snide, Spoon, The National) abgemischt - tatsächlich wurden dadurch die Aufnahmen zum nächsten The-National-Album unterbrochen und dessen Release somit verzögert. Doch selbst dieser fast blasphemische Akt ist schnell verziehen, wenn man Songs wie "Zum Beispiel ein Unfall" oder "Saurus" hört.
Björn, Stefanie und Niklas lieben die Musik. Ihre Wohnungen sind wie Plattenläden, in denen es nur gute Musik gibt. Und sie selbst sind wie Rock Aliens, die sich von dieser Musik ernähren, deren Essenz aufsaugen und in ihre eigenen Songs legen. Ihr Herz und ihre Seele legen sie dir noch obendrauf, allerdings nicht auf eine so jämmerliche, selbstmitleidige Art wie viele ihrer deutsch singenden Kollegen, sondern unaufdringlich und - im Kontrast zur stellenweise sehr bombastischen Musik - leise. Ein Angebot, das du nicht ablehnen kannst.
(Niko Amok)

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teleschau - der mediendienst auch: focus campus

"Die Show muss gar nicht weitergehen. Wir können einfach aufhören." Es gehört schon ein bisschen Mut dazu, gängige RocknRoll-Klischees so sehr zu negieren, wie Locas In Love das tun. Aber, und das wird auch schnell klar: Es geht nicht um die Band, es geht um den Hörer. "Saurus" ist so eine Art Therapiestunde, gepaart mit einer unglaublichen Liebe zum Pathos. Da gehts ums gemeinsame Sterben, wie einst bei den Smiths, ums Erwachsenwerden, um die Liebe, um Gewalt als Ventil und um die anderen großen Themen des Lebens. Was früher noch etwas unbeholfen klang und die Grenze zum Kitsch manchmal überquerte, kommt jetzt immer auf den Punkt.
Dabei haben Locas In Love gar nicht so viel verändert. Nach wie vor zelebrieren sie einen sehr traditionellen Schrammelpop, der seine Wurzeln in diesem diffusen Ding namens Indie hat, also bei so ziemlich allem was musikalisch auf einer Linie zwischen Boston und Hamburg, zwischen Lemonheads und frühen Tocotronic liegt. Der Duktus von Hauptsänger Björn Sonneberg erinnert dabei manchmal an Bernd Begemann - ist aber wesentlich direkter, weniger overacting und weniger humorig.
Es sind schon krasse Wahrheiten, über die Locas In Love auf dieser Platte singen. "Monkey On My Back" oder "Egal wie weit" thematisieren Angstzustände, Depressionen und familiäre Probleme ohne jede Verschlüsselung und schocken deshalb auf durchaus nachhaltige Art und Weise. Dass andere Stücke - wie etwa der Titeltrack - nicht ohne Theatralik funktionieren und "Zum Beispiel ein Unfall" sich mit Riot-Kante in die Ohren poltert, passt da ganz gut, weils die Ernsthaftigkeit auf eine andere Ebene hebt, weil man nicht den Eindruck hat, man lausche gerade an einer fremden Tür. Aber ganz egal, wie nah einen Locas In Love an sich ranlassen, unabhängig von so abgedroschenen Begriffen wie Authenzität: "Saurus" ist in seiner Lakonie, in seiner Direktheit und vor allem, weil nicht einmal der geringste Versuch unternommen wird, irgendwie cool, irgendwie unnahbar zu sein, eine unglaublich konsequente Platte.
(Jochen Overbeck)

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nillson-fanzine.de

Um ehrlich zu sein: So richtig hatte ich mich für Gitarrenpop aus Köln bisher eigentlich nicht interessiert. Auch die Locas In Love machten da keine Ausnahme. Auch, wenn ich sie mal mehr oder weniger zufällig irgendeinen Supportgig spielen sah, wurde die Anteilnahme nicht größer. Sie waren halt dabei, sie waren nett, mehr blieb nicht hängen. So ging das eine ganze Zeit. Doch irgendwann fing es an, in Köln zu rumoren. Dass es die Locas jetzt wissen wollen, hieß es, von einem neuen, mainstreamigeren Bandprojekt war die Rede, und überdies noch von einer szenefremden neuen Sängerin. Huch! Da störte doch jemand die untergründige Gemütlichkeit der kleinen Kölner Rockschuppen, und zu allem Überfluss waren das auch noch einige ihrer präsentesten Protagonisten. Es wurde spannend. Die neue Band, Karpatenhund, fing an aufzutreten, bekam erste Aufmerksamkeit und bald darauf einen umsichtig ausgehandelten Majorplattenvertrag. Inklusive einer Albumproduktion in den USA, unter der Regie von Starproduzent Peter Katis (Interpol, The National, Spoon). Und was machte die alte Band, die Locas, aus der Karpatenhund ja zu 4/5 bestand? Sich aufzulösen? Nein. Sie arbeitete als Karpatenhund einfach so effizient, dass statt einer Produktion gleich zwei drin waren. Die zweite für die Locas. So geht jedenfalls die Legende, und wenn sie stimmt, ist das eine pfiffige Meisterleistung.
Nun liegt also genau dieses in den USA aufgenommene neue Locas In Love-Album vor, es wird auf dem seit langem verbündeten Kölner Label Sitzer veröffentlicht, genießt aber den Vorteil eines EMI-Vertriebs. Und wie gesagt, ich habe mich ja eigentlich noch nie so richtig für Gitarrenpop aus Köln interessiert. Aber ich muss schreiben, dass mich „Saurus“ nicht nur positiv überrascht, sondern geradezu umgehauen hat. Ich habe schon lange kein Album mehr gehört, das trotz einer selbstauferlegten strukturellen Limitiertheit vor allem wegen seiner naiv-unbekümmerten Experimentierfreude mit Unmengen von Instrumenten so seelenvoll klingt. Die Songs auf „Saurus“ sind einfach, die Texte allerhöchstens sehr unterschwellig dramatisch, eher von Poplyrik-Konventionen abgewandt. Aber trotzdem ist jedes Stück auf dieser Platte in sich so stimmig, und alle zusammen fügen sich wundervoll passend zu einer Platte zusammen. Ich glaube und kann verstehen, dass Fans von beispielsweise klassischer Britpop-Ästhetik bei Sätzen wie „Es war Mabuse, er benutzte mein Gehirn“ mit dem Kopf schütteln. Solche Sätze sind halt nicht für jeden, genauso wie die Zweitband Karpatenhund nicht für mich und deshalb ziemlich uninteressant ist. Aber Texte wie die auf „Saurus“ sind für mich, und für mich sind sie genau richtig. Locas In Love haben wirklich alles Potenzial aus ihrer Lofi-Ästhetik herausgeholt, haben zwölf tolle Songs geschrieben, sie haben sich selbst ausgedrückt, und sie decken Stück für Stück die verschiedensten Emotionen auf der Klaviatur des Lebens ab. Klingt ein wenig blumig, was? Ich weiß es aber nicht besser. Auf jeden Fall glaube ich nicht, dass ich mich zuvor immer in dieser Band getäuscht habe. Richtig ist, dass ihnen mit „Saurus“ ein Quantensprung gelungen ist, den ich ihnen nicht zugetraut hätte.
(Christian Steinbrink)

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Radio 1

Wer hätte gedacht, dass es noch immer deutsche Bands gibt, die sich auf dem Marsch durch die Diskurse befinden. Die Kölner Formation Locas in Love baut auf ihrem zweiten Album kleine ironische Popsongs, die lakonisch "Sachen“, "Mabuse“ oder auch "High Pain Drifter“ heißen, aber vor allem davon handeln, wie die Indie-Kultur sich des Pop bemächtigt und das Reden über Zorn diesen selbst erübrigt: "Ich gebe zu, ich habe diese Tür eingetreten.“ Soso.
(Kai Müller vom Tagesspiegel)

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jetzt.de

Ausgesucht weil: noch nie so schön all die namenlosen Erledigungen, Beschäftigungen und Unfreiwilligkeiten, eben „Sachen“, besungen wurden, die uns jeden Tag unsere Zeit rauben und an die wir uns am Ende eines Tages nicht einmal mehr erinnern können, sondern nur ein großes Gefühl der Leere und Nutzlosigkeit hinterlassen.
Ausgesucht aus: der zweiten Locas In Love-Platte „Saurus“ (Sitzer)
Puh, bei diesem Album der Kölner Band Locas In Love fällt es mir wirklich sehr schwer, nur ein Lied auszusuchen, so sehr mag ich diese Platte insgesamt: Schlichte, aber sehr berührende Melodien mit Gitarre, Schlagzeug und Bass, die manchmal durch eine Orgel, eine Geige, einen Bläsersatz oder einen schönen A-ha-Chorus aufgepeppt werden. Reduzierter Bombast aus leisen, sehnsüchtigen Momenten und großen, ausholenden Gesten, mit einem Sänger (Björn Sonnenberg), der sich traut, nicht zu reimen und dabei die poetischsten Texte hervorzaubert, und einer ganz bezaubernden Co-Sängerin (Stefanie Schrank). Endlich wieder eine Band, die einem aus der Seele spricht, ohne dabei die plattesten Alltagsbeobachtungen zu besingen oder diese zu romantisieren, und die sich originelle Bilder und Vergleiche ausdenkt, auf den Punkt gebracht in dem großartigen Opener „Sachen“, einem Lied für die Generation der „neuen Eigentlichkeit“: „Wir wollen immer etwas machen, aber es kommt immer was dazwischen, Wir stecken fest in einem Sumpf aus Ablenkung und Ausreden.“
(Caroline von Lotzow)

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elisabett.de

Wir wollen immer etwas machen. Es kommt immer etwas dazwischen. Wem es so geht, der ist auf dem Weg durch ein zufriedenes Leben, trotz verpaßter Chancen, vergebener Elfmeter oder unerreichten Höhen. Wie fliegende Sahnetörtchen werden den vier Locas in Love derzeit die Huldigungen an die Backe geschmissen. Keine Musikjournalie, die nicht mit in den Chor der begeisterten Kritiker einstimmt. Gänzlich unaufgeregt, bescheiden und doch nichtssagend vielumfassend erklingt der Pop der deutsch musizierenden Band. Internationale german spoken Indiepopklasse direkt aus unserer Mitte?! Große Zukunft wird hier allenthalben vorausgesagt, unabhängig der Jahre, die bereits hinter dieser Formation liegen.
Es ist ein wohlklingender Sound, der mit viel Achtung für Details und jeder Menge schweißtreibender Gründlichkeit in über einem Jahr aufgenommen, verworfen, neu zusammengestellt, abgemischt und schließlich für gut genug befunden wurde. „Saurus“ steht denn schließlich für die Entwicklung der Band, die sich nicht zuletzt in den letzten eineinhalb Jahren mit den vier Kölner Musikern vollzogen hat: Konzerte in den USA, eine vollständig selbstgemachte EP, der Support für Arab Strap und die Arbeit mit Peter Katis, bekannt durch die Kooperationen mit Interpol oder The National, an den Songs für das neue Album im Studio. Sie haben immer etwas gemacht. Immer kommt was neues dazwischen. Am Ende steht mit „Saurus“ eine Platte, die so zwischen 1993 und 2006 so ziemlich alles in sich aufgenommen haben könnte, was im weiten Feld von Politpop bis Spaßindie in deutschen Landen auf dem Plattenteller kam. Die Lassie Singers treffen den bebrillten Durchschnittstocofan an der nächsten Ecke. Mal dreht sich der Text einfach musikalisch umfingert im Kopf, mal dreht die Gitarre zum unspektakulärem Alltagsleben am Rad. Schwuppediwupps sind die zwölf Songs auch schon wieder vorbei. Mit „Rosa Mond“ beschließt sich das Album mit einem Wink zu Tilman Rossmy. Und der hatte ja auch mal was mit den Lassie Singers. Und weil alles so gut läuft, könnte dieses Jahr für Locas in Love in zweifacher Hinsicht zum Sprungbrett in weitere und bekanntere Gefilde werden, denn mit der gleichen um eine weibliche Stimme aufgestockten Besetzung betritt der Ableger Karpatenhund demnächst mit dem Debut die nationale Showbühne. Sie wollen immer etwas machen. Dieses verdammte Deutschland hat sie dazu getrieben.
[flo]

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Plattentests Online

Jurassic Park
Locas In Love - eine weitere unnötige Telenovela? Aber nicht doch: Man singt deutsch, ist zu viert, hat sich nach einer Comicserie benannt und seine Basisstation in Köln. Und ganz außerdem bereitet diese sympathische Band ungefähr doppelt so viel Freude, wie die Absetzung aller unnötigen Telenovelas zusammen es würde. Das liegt unter anderem an der Gabe, Worte zu finden, die nicht bloß nach Suchmaschinenergebnis, sondern nach Bekennerschreiben und Vertrauensbeweis klingen. Und dann wäre da noch dieser verblüffend internationale Sound, der so viel mehr aus dem Ärmel schüttelt, als herkömmlicher deutscher Indiepop überhaupt auf dem Spickzettel stehen hat.
Wenn man all das - sowie den Umstand, dass die Vier auch gerne mal deutschsprachigen Songs englische Titel verpassen - erst einmal staunend verinnerlicht hat, dann überrascht es eigentlich nicht mehr, dass die mittlerweile pensionierten Arab Strap sich ausgerechnet Locas In Love als Support für ihre allerletzten beiden Deutschland-Konzerte wünschten. Im Gegenzug spendierte Malcolm Middleton ein Gitarrensolo für ihr zweites Album "Saurus", das die Locas zwar selbst einspielten und produzierten, mit dem sie aber zum Mischen in die USA flogen - zu Peter Katis, den man von seinen Kollaborationen mit Interpol, The National, Clem Snide oder Spoon kennen könnte.
Es sind die kleinen, liebevollen Details, die ein Dutzend Singalongs auf Sauriergröße wachsen lassen: der reizende Kinderchor, der "Dieses verdammte Deutschland hat mich dazu getrieben!" skandiert. Gitarren, so fluffig, wie Jamie Oliver keinen Pfannkuchen hinbekommen würde. Vereinzelte sonnige 60s-Harmonie-Gesänge und das beiläufige und gerade deswegen so perfekte Pfeifen in "High pain drifter". Die cleveren Querverweise und vor allem die Selbstverständlichkeit, mit der Björn, Stefanie, Jan Niklas und Mauri auch Country und Americana an den Rhein importieren und ebenso dezent wie gekonnt einfließen lassen.
Dass Locas In Love zudem ein Händchen für Dramaturgie haben, zeigt "Honeymoon is over (if you want)" beispielhaft - eine angespannte Zusammenkunft von sanftmütigem Piano-Banjo-Geflecht und bitterernstem, bleischwerem Bass, denen schließlich doch noch die eindrucksvolle Verwandlung in streicherbeflügelte Ausgelassenheit gelingt. Sänger Björn Sonnenberg macht dank ausgeprägter Storyteller-Mentalität auch versmaßlos glücklich und schafft es stimmlich locker, für die Akustikgitarren-Nummer "Rosa Mond" mal eben in den Johnny-Cash-Modus zu wechseln - und auf ganz hinreißende Art und Weise Nick Drake zu huldigen.
"Sachen" hingegen erzählt von der wenig fabelhaften Welt der Lethargie - die Saiteninstrumente schlingern thematisch adäquat, während Drummer Mauri fehlerfrei den Begriff Monotonie buchstabiert. Dabei kann er dann aber doch nicht ganz den vorbildlichen Energiehaushalt von Locas In Love verbergen, die sich übrigens unter dem Namen Karpatenhund und mit einer Frau namens Claire am Mikrofon geschlossen den Luxus einer Zweitband leisten. Ebenfalls bei Virgin unter Vertrag und mit einem Debütalbum in Vorbereitung. Man würde ihnen glatt wünschen, doppelt abzuräumen.
(7/10) Ina Simone Mautz

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schallplattenmann

Die alte Weisheit, dass Blinde keine Blinden führen können, wird mit "Saurus" nachhaltig entkräftet. Man hat nie das Gefühl als habe die Kölner Band für irgendetwas Antworten parat, aber die Art wie Locas In Love Geschichten erzählen, hat schon fast therapeutische Züge. Jeder der zwölf Songs hat mindestens eine Textzeile, die man sich auf die Innenseite der Augenlider tätowieren sollte. Aber auch musikalisch schafft es die Band um Björn Sonnenberg (The Dackel 5) Akzente zu setzen. Schrammelige Americana-Grundhaltung trifft auf nette Feinheiten der Tasteninstrumente und charmante kleine Huldigungen an so Große wie Johnny Cash oder Nick Drake.
Apropos, ab jetzt sollten Locas In Love nur noch in einem Atemzug mit den ganz Großen genannt werden: "Saurus" ist mit Sicherheit eine der besten deutschsprachigen Platten der vergangenen Monate. Allein zu hören, wie sich bei "Honeymoon Is Over" gegen Ende die Streicher erheben, müsste Beweis genug sein. Volltreffer ohne Anbiederung.
(@@@@ - definitives Highlight) (Dirk-Michael Mitter)

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sellfish.de

Locas in Love machen vor allem nette, eingängigen Indie-Pop mit Folkelementen. Auf ihrem neuen Album „Saurus“ haben sie sich dafür von Orchester, Kinderchor und einem Gitarrensolo von Malcolm Middleton unter die Arme greifen lassen, weil sie laut eigener Aussage das Gefühl hatten, daß es nicht ohne gehe, um das umzusetzen, was sie als „reduzierten Bombast“ bezeichnen.
Klotzen statt Kleckern ist nicht immer das beste Motto. So haut das neue Album musikalisch trotz der sympathischen, von Alltagslyrik geprägten deutschen Texten nicht wirklich vom Hocker. Doch die Texte stecken voll von kleinen Wahrheiten, Situationen, die jeder von uns nachempfinden kann: den Smalltalk mit einem gar nicht so unlieben Bekannten, bei dem mal das halbe viel beschäftigte Leben vorbeiflitzen läßt, auch wenn man sich gar nicht mehr so recht entsinnen kann, bei welchen „Sachen“ eigentlich so schnell die Zeit verstrichen ist. Sich darüber freut getroffen zu haben, aber sich gleichzeitig bewußt ist, daß aus dem im Raum stehenden baldigen Kaffeetrinken wohl wieder nichts wird, wie schon die vielen Male vorher; Vom Verlassen und Zurückkommen in die Stadt der Kindheit und all den damit verbundenen zwiespältigen Gefühlen in „Egal wie weit“ unterstützt von einem mal leise- unaufdringlichen, mal energisch- treibenden Orchester. „Rosa Mond“ besticht mit seinem an Element of Crime erinnernden reduzierten Sound und erzählt von der Einsicht, daß weder Flucht noch Verstecken Probleme löst und daß „es [...] mich finden (wird) selbst in der letzten Ecke“. Leise klimpern Piano und Banjo zum Auftakt von „honeymoon is over (if you want to)“, dem Abgesang einer Liebe, wenn nach der Resignation und dem Kampf zwischen Erinnern und Vergessen, freundschaftliche Loyalität übrigbleibt. Und wohingegen andere Krimis schreiben, leben Locas in Love ihr kriminelles Potential in Liedern wie „Mabuse“ und „Zum Beispiel ein Unfall“ aus. Schließlich vernimmt das Ohr Country. Deutschen Country und nein, man kann nicht meckern, schön haben sie die ironische Thematisierung der „quarterlife-crisis“ hinbekommen. Oh, jetzt beginne ich doch leicht zu schwanken und muß mich doch etwas am Hocker festklammern. Doch „das ist für heute alles. Lass uns sehen, daß wir ins Bett kommen.“
(7/10) (Nadja Gebhardt)

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Live Magazin
Für diejenigen, die da mal wieder gepennt haben: Locas In Love sind eine junge Band aus Köln, die in ihrer Gesamtheit gern viel schreibt — Bis man alle kleinen Geschichten, Bandtagebücher und intimen Einblicke auf ihrer Homepage gelesen hat, ist man ergraut. — und bereits 2004 ihr Debüt „What Matters Is The Poem“ raus gebracht haben. Das Debüt war gut, „Saurus“ ist es auch. Vielleicht — Jetzt 'nen Euro ins Phrasenschwein. — erwachsener und reifer als der Vorgänger, aber immer noch lässig poppig, schlau ohne verkopft zu sein und darüber hinaus mit viele Liebe produziert. Sympathische Alltagslyrik geschrieben von sympathischen Leuten, die sich selbst nicht zu ernst nehmen, trifft auf Musik, bei der sogar die Gitarren irgendwie sympathisch klingen. So früh im Jahr schon ein Highlight vor die Nase zu bekommen tut gut.
(5/5 Sterne) bü

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Vice

Locas in Love scheinen mit der gleichen mysteriösen Gabe gesegnet zu sein wie Jeans Team. Das heißt, sie haben eine komplette LP in deutscher Sprache aufgenommen, bei der man sich nicht sofort die Haare ausreißen, Batteriesäure trinken oder vor den nächsten ICE werfen will. Gut gemacht Leute, wieder ein Leben gerettet.
(8/10)
(Neale Lytollis)


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Hinternet
Die alte Weisheit, dass Blinde keine Blinden führen können, wird mit "Saurus" nachhaltig entkräftet. Man hat nie das Gefühl als habe die Kölner Band für irgendwas Antworten parat, aber die Art wie Locas In Love Geschichten erzählen hat schon fast therapeutische Züge. Jeder der zwölf Songs hat mindestens eine Textzeile, die man sich auf die Innenseite der Augenlider tätowieren sollte.

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allschools.net


Jenseits von inflationär gebrauchten Begriffen wie „Hamburger Schule“, tocotronischen Jungs, Tics, nervtötendem Deutsch-Poprock und überdrehten Diskussionen über MIA.s Einstellung zum Nationalstaat, liefern die Kölner LOCAS IN LOVE mit ihrem Zweitwerk „Saurus“ ein Album ab, das diese stille Ausnahmeband zur vielleicht liebenswertesten Gruppe hierzulande, wenn nicht gar europaweit und überhaupt, macht.
Die 12 Songs strotzen nur so vor popmusikalischen Querverweisen, skurrilen Alltagsgeschichten und dem Mut die eigene Schwäche wie ein mächtiges Schild aus feinem, folkigem Indiepop vor sich herzutragen. Und immer wieder die charmant vorgetragenen Texte von Björn Sonnenberg ,ohne je in den Zwang mit Reimen zu jonglieren zu verfallen. Schon allein der Opener „Sachen“ über diese ganzen Alltagsdinge, die uns die Zeit für das Wesentliche rauben, ja mitunter das Wesentliche sind.
Und „Ich träumte von einem T-Shirt mit deinem Gesicht/Ich liebte dich“ (aus „Comandante“, das fast schon in Schlageruntiefen abdriftet, aber trotzdem unterhaltsam bleibt) ist wohl die verschrobenste Liebeserklärung, seit „Red Right Ankle“ der DECEMBERISTS. Immer wieder bekommt man diese Liebenswürdigkeit um die Ohren gehauen, sei es wenn es „Ich war es nicht, es war Mabuse, er benutzte mein Gehirn“ im Kinderchor gesungen wird (allein schon der Mut sich dieses eher als Kitsch verschrienen „Instruments“ zu bedienen verdient Respekt) oder die Körper der Liebenden im Kugelhagel „zerplatzen“. Und wenn das wunderschöne „Pink Moon“ des großartigen Nick Drake in „Rosa Mond“ zitiert wird, dann sind alle Ungereimtheiten sowieso vergessen.
Dass Malcolm Middleton (ARAB STRAP) bei „Honeymoon Is Over (If You Want)” ein Gitarrensolo einlegt und Peter Katis (INTERPOL) Produzent war sind dann wohl so was wie I-Tüpfelchen. Abseits von Hype und Co. macht sich hier eine Band auf, einfach nur wunderschöne Musik zu machen. Hoffentlich beständig, denn mit KARPATENHUND steht ein Zweitprojekt in den Startlöchern, das von der Fachpresse schon zur neuen deutschen Pophoffnung deklariert wird. Dabei ist sie schon hier.
(Dennis)(8 von 10)

Poem What Matters Is The Poem (erschienen am 25.10.2004 als CD bei Hobby DeLuxe und LP bei Sitzer Records)
 
Spex #281

»Etwas ist immer in mir – und es muss immer hinaus. Es geht ins Nichts und es geht zu dir, es setzt sich zur Ruhe auf dem Papier, aber es muss immer hinaus«. Denn das Gedicht ist, was zählt. Und was hinter seinen Worten steckt. Dahinter steckt erst einmal das Leben einer Kölner Rockband von Stefanie Schrank, Björn Sonnenberg (vormals Dackel 5), Jan Niklas Jansen und Mauri Arca. Statt jede Beobachtung gleich ins Große aufzublasen, dramatisieren die Locas sie in einer Form, die ihnen die Freiheit gibt, beiläufig zu bleiben. Und über diesen Weg finden die Songs nach draußen – und mit etwas Glück in dein Herz und deinen Verstand. Den großen Bogen dazuzudenken, das bleibt dann dir überlassen, lieber Leser, lieber Hörer, lieber Liebhaber guten Independent-Rocks, der du was anfangen kannst mit einer von Ewigkeitsgruppen wie Sonic Youth, Velvet Underground oder der ersten Cure-LP beeinflussten Musik. Mit Songs, die Menschen besingen, die wie Moe Tucker sein wollen, Songs, die oft einfach und manchmal leise sind, und die auch mal im Gitarrenlärm versinken, so wie die Velvets in ihrem Ozean versanken. Ein wenig Epik muss eben doch mal sein, um zu zeigen, dass in jedem simplen Akkord und Vers ein Leben steckt, das gelebt wird – jetzt und hier – bevor es als Modell für irgendwas herhalten kann. Locas In Love nennen so einen Song »Our Hearts And The Real World« – einfach, überzeugend, real.
Sich dem Bedeutungsgehubere zu entziehen, indem auf die Sicht ins Private bestanden wird (die nicht mit einem Rückzug zu verwechseln ist), das ist die Stärke ihrer Poesie – und dies in Songs umzusetzen, die auch zur Sache gehen können, wenn die Gefühlslagen es erfordern, ist die Stärke ihrer Musik. Und wer jetzt denkt, dieser Text wäre eine Gefälligkeit unter (sich persönlich nicht bekannten) SPEX-Kollegen, dem spiele ich den Ball gerne zurück: Anhören und selber urteilen.
(Werner Ahrensfeld)

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notes 10/2004

Die deutschsprachige Variante eines zeitgemäßen 60er-Jahre-Sounds mit Referenzen an die Beatles, Velvet Underground und Love
Locas In Love, benannt nach einer Comic-Serie des Zeichners Jaime Hernandez, sind seit langem unermüdlich im Live-Zirkus dabei (u.a. mit Friends Of Dean Martinez, Nikki Sudden, Tilman Rossmy) und kündigten so ihr Debüt-Meisterwerk über mehrere Jahre hinweg an. Eigentlich startete die Band als Ableger von Björn Sonnenbergs Band The Dackel 5. Als sich diese auflöste, beschloss er, zusammen mit Stefanie Schrank, Jan Niklas Jansen und dem neu hinzugekommenen Drummer Maurizio Arca Locas In Love zum eigentlichen Sprachrohr seines eloquenten Songwritings zu machen. Die Band ist so etwas wie die deutschsprachige Variante eines zeitgemäßen 60er-Jahre-Sounds. Charmante Referenzen an große Vorbilder (Beatles, Velvet Underground, Love) sind jedenfalls reich gesät. Die sympathische Verbeugung grenzt die Locas von anderen, modischeren Bands ab. Während sich Björn als durchaus eigenständiger Songwriter mit einem markanten Stil etabliert, präsentiert sich die Band in musikalischer Bestform. Und dass die Scheibe wie aus einem Guss klingt, obwohl sie in ca. 20 verschiedenen Studios aufgenommen wurde, spricht nochmals für sich.
(Ullrich Maurer)

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Intro

Locas In Love, angefangen als Duo und Lo-Fi-Nebenprojekt zu Björn Sonnenbergs Hauptband Unser Kleiner Dackel (jetzt: The Dackel 5), haben sich ziemlich bald auf die Überholspur begeben (nicht ohne den einen oder anderen Unfall), um mittlerweile den Dackels in puncto Rührigkeit und Produktion keinesfalls nachzustehen. Konnte bei ihren Konzerten (die mittlerweile zu meinen meistgeschätzten gehören) schon der eine oder andere neue Song Großes erahnen lassen, schießt das neue Album jetzt den Vogel ab: Die Liste der Instrumente wächst ins Unendliche, es gibt einen Chor (!), Familienmitglieder und Freunde wurden als Gastmusiker einbezogen, als Sänger wechseln sich Björn, Steffi und Niklas ab.
Die Texte sind großartig wie immer (wunderschönes Bild: »wie Moe Tucker spielen« für: sein eigenes Ding machen), die Songs ausufernder, mehr Richtung Breitwand und dann doch wieder reduziert und mit Raum für Stille. Sätze wie »Wir fahren irgendwo hin, wo es Glühwürmchen gibt« lösen schon mal den Niedlichkeitsalarm aus, aber wie als Antithese folgt gleich darauf die nächste Rockpose. Diese Balance zwischen (Selbst-) Ironie und völliger Ehrlichkeit macht das Ganze erst richtig interessant. Hier zeigen dir Menschen ihr Innerstes, ohne Scham, ohne Scheu, ohne Angst. Und du kannst dabei sein.
(Matthias Weber)

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Visions 12/2004

Ein Dackel auf Abwegen: Björn Sonnenberg (Ex-Dackel 5) mit dem Debütalbum seiner neuen Band.

Vermutlich ist es falsch, von "Björn Sonnenbergs neuer Band" zu sprechen, denn immerhin handelt es sich bei Locas In Love um ein Quartett und - so darf man diese Gruppe einschätzen - alle vier Mitglieder sind unglaublich gleichberechtigt. Aber als Ex-Frontmann von Unser Kleiner Dackel bzw. The Dackel 5 ist Sonnenberg nun mal das 'prominenteste' Mitglied des Quartetts. Hinzu kommt eine charakteristische Stimme mit hohem Wiedererkennungswert. Als Banause könnte man da glatt behaupten, dass es egal sei, ob auf dem Cover nun irgendwas mit Dackel oder Locas steht - letzten Endes klingen beide Bands ziemlich ähnlich. LIL selbst reden auf ihren T-Shirts von Punk - wir seien nur zu blöd, das zu verstehen. Vielleicht stimmt das sogar. Womöglich handelt es sich aber auch um leicht schrägen Indierock mit nicht ganz so ausgeprägt dilettantischer Note. Rein musikalisch jedenfalls bewegt man sich auf vertrautem Terrain, huldigt mal Velvet Underground ("Moe Tucker"), mal Fugazi ("Wartezimmer"), wagt sich mit "Lemmy Caution" an ein Surf-Instrumental, mit "Lügen, stehlen, das Gesetz brechen" an eine monumentale, fast zehnminütige Feedback-Ballade. Dass sich Sonnenberg zudem das Mikrofon mit Stefanie Schrank teilt, verleiht dem Album zusätzlichen Abwechslungsreichtum. Wie wichtig der Band ihre Texte sind, zeigt schon das akribische Booklet. Manches davon ist tatsächlich sehr hübsch und poetisch formuliert, manches aber auch ziemlich banal. Wer sich deutschsprachigem Grübler-Pop von sympathischen Menschen zugeneigt fühlt, dürfte an diesem Album gleichwohl seinen Spaß haben.
(Falk Albrecht)

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Kreuzer 10/2004

"Ich hinterlass dir meine Platten, meine Bücher und Gitarren." Wer so etwas singt, muss eigentlich nur zurückgeliebt werden. "What Matters Is The Poem" (Hobby Deluxe/Indigo) ist das bemerkenswerte Debut von LOCAS IN LOVE. Die schreiben mit Referenzen voll gepackte Songs, bei denen man die Texte auch nur lesen braucht, um sie zu mögen.
(Augsburg)

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