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** THE DOWNLOAD REISSUE SERIES **

WINTER (11/2008)
SAURUS
(02/2007)
What Matters Is The Poem (10/2005)





WINTER (erschienen am 28.11.2008 als CD/LP auf Sitzer Records)
 


Financial Times

Ach, die Kollegen, die groben Klötze! Rollen mit den Augen und schnauben Gemeinheiten, wenn man mit "Winter" ein wenig Jahresendzeitbehaglichkeit durch die graue Bürostube flocken lässt. Nichts verstehen sie von den Freuden vorsätzlicher Melancholie und Blässlichkeit! "Winter" von der Kölner Band Locas in Love ist ein berückend sanftes, herzwärmendes Konzeptalbum über die kalte Jahreszeit, das Recht auf Verschnupftheit und die Notwendigkeit des Vogelfütterns. Minimalistisch instrumentierte Bettkantenmusik, mit Streichern und Glockenspiel - und bei aller Gefühligkeit komplett kitschfrei.
"Für den Umsturz, den wir planen, ist noch bis Frühling Zeit", singt Björn Sonnenberg völlig plausibel, und ringsumher wird alles so still, wie es bei laufender Musik eben werden kann. Obendrein gibt es ein hübsches Cover des verschlurften "Twin Peaks"-Titellieds "Falling", lustige Xylophonanleihen bei Kylie Minogue - und mit dem gleichmütig traurigen Lied "Eulen" (und Textzeilen wie "Alle sind so allein") eine aufrichtige Alternative zum widerwärtig heiteren Einsamkeitsschlager "Allein, allein" von Polarkreis 18.
(Anja Rützel)

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Vice


Die einzige deutschsprachige Band, von der man sich gern verarschen lässt. Sie vermögen es, genau so betulich herumzuklimpern, wie viele ihrer Artgenossen auch. So dass man nach zwei Takten nur darauf wartet, dass sie doch endlich die sonst übliche zahnlose Tagebuch-Poesie auspacken, damit man den Tonträger guten Gewissens als Frisbee in den Winterabend entlassen kann. Dann sagen sie aber nur eine Zeile auf und sofort wird klar, dass es hier nicht betulich zugeht, sondern dass hier jemand elegant über Existenzabgründe hüpft. Und selbst wenn du gestern noch deine Twee-Pop und Slowcore-Sammlung an deine kleine Schwester verschenkt hast, um Platz für eine Bronzestatue aus Papua-Neuguinea zu schaffen, wirst du zugeben müssen, dass nur diese Band es sich erlauben darf, ein Winter/Weihnachtsalbum aufzunehmen und obendrein noch Julee Cruise zu covern.
(Nicole Ausieh)


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Intro

"Für den Umsturz, den wir planen, ist noch bis Frühling Zeit", singt Björn Sonnenberg auf dem neuen Album von Locas In Love. Der Ich-Erzähler, so erfahren wir weiter, müsse erst mal die Vögel vor dem Fenster füttern.

Vögelfüttern statt Umsturz - spinnen die jetzt völlig? Natürlich nicht. Tatsache ist, dass Locas In Love mal eben ein Winteralbum aufgenommen haben. Ohne nur ansatzweise in die Nähe des Kitschigen zu geraten, präsentiert die Band - frei nach dem Konzept des Weihnachtsalbums - elf Songs voll von winterlichen Stimmungen. Dabei versteht sie ihr Winteralbum eben nicht als einen regulären Nachfolger von "Saurus", sondern als ein Zwischenstück. Es scheint, als sei "Winter" für Locas In Love selbst eine Art therapeutisches Vögelfüttern. Während sich die Aufnahmen zu "Saurus" über fast zwei Jahre erstreckten, ist "Winter" in verhältnismäßig kurzer Zeit entstanden. Statt im professionellen Studio wurde im kleinen Wohnzimmer aufgenommen.
Und genau das hört man dem Album an, kann es aber gleichzeitig kaum glauben: Denn die intimere Produktion erzeugt das Gefühl eines kalten Wintertages in den eigenen warmen vier Wänden - all die Streicher, Glocken, Pianos, Ukulelen, Trompeten und Chöre lassen "Winter" jedoch alles andere als schlicht wirken. Selbst nach dem zehnten Hören entdeckt man hier und da noch eines der zahlreichen Instrumente. Das klingt dann mal nach den Kinks oder den Beatles, mal nach Nick Drake oder John Cale. Und dann entdeckt man plötzlich wieder in einem Glockenspiel die Melodie von Kylie Minogues "Locomotion" oder in einem Pianosolo Steve Harleys "Tumbling Down". Eine Platte voller liebenswürdiger Details. Spätestens mit der hymnischen Parole "Kälte hin oder her, ich will nicht aufgeben / Ich bin keine Maschine, ich werde nicht funktionieren" wird klar: Dieses Album wird dich schützend an die Hand nehmen und sicher durch den Winter führen.
(Manuel Czauderna)


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De:Bug

Ich gebe meine Unwissenheit gerne zu: Locas In Love sind bislang völlig an mir vorbeigegangen. Vielleicht geht es euch da ja anders, drum sei hier explizit darauf hingewiesen, dass "Winter" nicht das dritte Album der Band ist, sondern lediglich ein Intermezzo, ein speziell für den Winter komponierter Heizlüfter der Langsamkeit. Ich mag keine deutschen Texte. Weil ich mir keine noch so banale Textteile mit dem Gedanken an Londoner Nebel schönreden kann. Ich mag aber Locas In Love. Weil es mich stellenweise an die großen Tage von Element Of Crime erinnert. Die haben musikalisch ein paar große Platten gemacht und es geschafft, den Umschwung ins Deutsche mit Würde und Cleverness über die Bühne zu bringen. Wie auf "Winter" Vocals und Musik zusammengehen, erinnert mich an diese Zeit. Auch wenn diese Band hier über völlig andere Dinge singt. Es schwingt eine Seelenverwandtschaft mit. Das finde ich prima.

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spiegel.de

Ausgerechnet der Kölner Band Locas In Love wird die Ehre zuteil, das letzte "richtige" Studio-Album aufgenommen zu haben, das in diesem Jahr in dieser Kolumne besprochen wird. Woher kennen wir diese Gruppe, die auf "Winter" mit Lap Steel, Ukulele, Glockenspiel, gestrichenem Bass und Dobro beeindruckt und mit Gastmusikern aufwartet, die bereits bei den Magnetic Fields, Sufjan Stevens oder Le Tigre mitspielten? Aus Fanzine-Zeiten, von der Band Unser kleiner Dackel (später: The Dackel 5) und durch die Bassistin Stefanie Schrank, die auch bei Karpatenhund spielt und deren apokrypher Name schon früh zu Spekulationen veranlasste. "Winter" ist ausdrücklich nicht der Nachfolger zur von einigen Leuten geradezu hündisch verehrten "Saurus"-Platte, sondern eine Art Konzeptalbum zur schönsten Jahreszeit. Das Gute daran: Nicht die üblichen Verdächtigen (Tocotronic, Blumfeld, Die Sterne), sondern John Cale, Beach Boys und späte Beatles ("Christmas No.1 Hit") dürften hier den größten Einfluss gehabt haben. Auch nett: Das Wiederhören mit Julee Cruises "Twin Peaks"-Schleicher "Falling".
(Jan Wigger)

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Titel-Magazin


Kein Reim auf die Welt

"Ich war lange nicht mehr hier/ aber es hat sich nichts verändert" - fast zwei Jahre waren sie nicht mehr hier, aber ihre Songs sind unverändert gut. Von Tina Manske

Eines möchten Locas In Love gleich klargestellt wissen: „Winter“ ist NICHT ihr drittes Album nach „What Matters Is The Poem“ und „Saurus“, sondern ein Konzeptalbum aus der Reihe – eben ihr Winteralbum, man könnte auch Weihnachtsalbum sagen, das in der Popmusik ja auf eine lange Tradition zurückblicken kann. Von Anfang an ist man überzeugt, das sie wieder einmal etwas Besonderes geschaffen haben, mit minimaler Instrumentierung und besonders schönen Instrumenten (unter anderem Ukulele, Lap Steel, Mandoline, Toy Piano, Pauken, Chimes und Vibraphon), produziert in einer Wohnzimmeraktion, als kompromisslose Selbstermächtigung einer Band, ohne großes Geld, ohne große Produktion, dafür aber mit sehr guten befreundeten Gastmusikern wie Sam Lavazzara am Schlagzeug oder Kyle Resnick an der Trompete.
Sofort beim Opener „Packeis“ fühlt man umarmt mit den wenig kaminfeuertauglichen Zeilen: „Vergrabt mich im Packeis und holt mich erst wieder raus/ wenn die Forschung weit genug ist meine Wunden zu heilen“. Und kaum hat man sich von der leisen Melancholie Stefanie Schranks in „Eulen“ erholt („alle sind so allein“), kommt mit „Maschine“ auch schon einer der großartigsten Songs von Locas In Love überhaupt. „Ich bin keine Maschine, ich werde nicht funktionieren/ es geht nicht gut, ich bin keine Maschine“, singen Björn Sonnenberg und Stefanie Schrank, das Ganze unterlegt mit warmen Streichern und Bläsern. „Ich will diese Parole an Wänden sehen und auf Rucksäcken“, und das wollen wir auch. Sofort! Überhaupt möchte man ständig zitieren aus diesen Liedern.
Dann „ICE Wilson Bentley“, ein Song aus einer Zeit, in der die Züge noch Namen hatten statt Nummern. „Ich komm am Samstag mit dem Zug an/ kann mich jemand abholen?“ - wie leicht könnte solche eine Zeile von Vorwurf durchzogen sein, man hört direkt das scharfe doppelte K; bei Sonnenberg wird der Refrain dieses Driving-home-for-Christmas-Songs im Dreivierteltakt zu einer sanften Einladung, inklusive leisen Schlittenschellen. Man weiß ja, was einen erwartet, bei der Familie, daheim, wo auch immer. Es verändert sich ja doch nichts, oder verändert man sich nur selbst nicht? Unentschieden. Es wird hier auch nicht angeklagt, sondern hingenommen, aber nicht resigniert, sondern selbstbewusst: „Nichts ist geheim/ es ist einfach nur kalt“. Locas In Love verweigern sich dem Reim auf die Welt, die Texte sind prächtige poetische Prosa ohne erzwungene Lautähnlichkeit.
Mit „Falling“ ist der Band ein unprätentiöses Remake des Titelsongs von David Lynchs „Twin Peaks“ gelungen, den Stefanie Schrank mit ihrer wunderbar naiven Stimme intoniert. Und kann es eine schönere Vorstellung von Romantik geben als die Zeile „Ich geh mir den Eissturm ansehen vom Fenster aus/ kommst du mit?“ (“Eissturm“)?
„Für den Umsturz den wir planen/ ist noch bis Frühling Zeit“, heißt es in „Wintersachen“, und dann wird en passant „die nächste Platte“ erwähnt. Es geht also gut weiter im neuen Jahr. Bis dahin aber hören wir „Winter“, alles was von außen kommt müssen wir nicht hören. Lieber sitzen wir am Fenster beim Eissturm, denn wir sind bei Locas In Love in schützenden Händen. Die Musik dieser Band ist tatsächlich von beispielloser Schönheit – wie ein Schneekristall.
(Tina Manske)

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Rote Raupe
, Album der Woche

im waschzettel, der übrigens erfreulicherweise darauf verzichtet, den rezensenten mit unerwünschter meinung zu impfen, sondern tatsächlich mal nützliche information bereithält - in diesem waschzettel also wird nachdrücklich darauf hingewiesen, dass dies mitnichten das reguläre dritte album der locas sei, sondern ihr winteralbum, das bewusst minimalistisch instrumentiert und einfach produziert sein sollte. damit reiht man sich ein in eine illustre schar von bands, die in dieser schönen tradition stehen: die beach boys, elvis und low etwa nennt der waschzettel, sufjan stevens fällt mir noch ein. apropos: der trompeter von sufjan stevens, kyle resnick, spielt auch mit. anstelle von lake michigan muss jedoch hier der (freilich zugefrorene) aachener weiher herhalten - wie im stück "wintersachen". daneben wirken noch ld beghtol, bekannt von den "69 love songs" der magnetic fields, sowie der new yorker percussionist sam lazzara mit. moment: sufjan stevens? magnetic fields? new york? genau: das album wurde zur hälfte in einem privathaus in brooklyn eingespielt, an den offdays der in der nähe stattfindenden aufnahmen zum nächsten album von karpatenhund (dem neben- bzw. hauptprojekt der locas in love). zur anderen hälfte wurde es in einem wohnzimmer in köln aufgenommen. allein durch diese umgebung waren natürlich die produktionstechnischen möglichkeiten beschränkt. aber die locas wären nicht die locas (man muss sich nur mal die beschreibung ihres effektgeräte-zoos auf ihrer website ansehen: nerds!), wenn das alles nicht wieder in perfektionismus ausgeartet wäre. lo-fi kann man von diesen typen einfach nicht erwarten - dennoch, der bombast des letzten albums, "saurus", fehlt hier und lässt raum für leise töne und, ja: winterstimmung. übrigens: winterlieder können, müssen aber nicht zwangsläufig ausschließlich von winterthemen handeln. "packeis", "ice wilson bentley" (wilson bentley: amerikanischer schneeforscher, recherche des verfassers), und "eissturm" tun es, mit "maschine" dagegen schmuggeln die locas ein bisschen protestsong unter den elterlichen christbaum - denn weihnachtslieder von "unseren" bands sind ja immer zumindest den versuch wert, auch mal "unsere" musik am weihnachtsabend aufzulegen. "roder" (hier erfolglose recherche des verfassers) legt sich um die gebeutelte seele des hörers wie eine warme outdoor-fleecejacke. "falling" ist eine vergleichsweise beschwingte coverversion des "twin peaks"-titelstücks, im original von julee cruise. und die englische version von "packeis" (na? na? "packice"!), gesungen von ld beghtol, gibt einem schließlich das gefühl, sich mitten in den "69 love songs" zu befinden. und jetzt die rhetorische frage: was kann man von einem winteralbum, bitteschön, mehr erwarten?
(Mawe)


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Plattentests.de

Warm ums Herz

Spuren im Schnee verraten alles, was man über das Leben wissen muss. Zum Beispiel, dass auch ein schlauer Fuchs tief sinken kann. Oder dass Weiß doch nicht die Farbe der Unschuld ist. Und nicht zuletzt, dass der Weg durch die Kälte nur ein einziges Ziel hat: Nahrung finden. Für das hungrige Herz. Die Spuren von "Saurus" verrieten vor knapp zwei Jahren alles, was man über Locas In Love wissen musste. Zum Beispiel, dass ihnen ein erstaunlich internationaler Sound gelingt, der so viel mehr aus dem Ärmel schüttelt, als herkömmlicher deutscher Indiepop auf dem Spickzettel stehen hat. Oder dass sie deutschsprachigen Liedern gerne englische Titel geben. Und nicht zuletzt, dass ihre Texte nicht bloß nach Suchmaschinenergebnis, sondern nach Bekennerschreiben und Vertrauensbeweis klingen.
Daran hat sich auch auf ihrer neuen Platte - die allerdings nicht als offizielles drittes Studioalbum, sondern als Konzeptalbum zum Thema "Winter" verstanden werden möchte - nichts geändert. In einem Punkt unterscheiden sich die elf Songs dann aber doch deutlich von ihren Vorgängern: Sie sind wesentlich filigraner. Liebevolle Häkelarbeiten, die klingen, als wären sie in einem Puppenhaus aufgenommen worden. Tatsächlich wurde "Winter" ausschließlich in Wohnzimmern eingespielt, und das Geld, das andere Bands für einen Produzenten ausgegeben hätten, lieber in Glühwein, Spekulatius und Teelichter investiert. Und in das eine oder andere Instrument: Vibraphon, Lap Steel Guitar, Korean Banjo, Mandoline, Mundharmonika, Toy Piano, Glockenspiel - eine unüberschaubare Anzahl weitgehend akustischer Klangkörper stapelte sich zwischen Schrankwand und Couchtisch. Man hätte damit locker zwei Adventskalender bestücken können.
Und doch spielt die Musik auf "Winter" nur die Rolle eines formschönen Kerzenständers, in dem Worte lodern, die auf wundersame Art und Weise leise Vereistes wieder auftauen, mit jeder Silbe. Die emotionalen Aggregatzustände bleiben nun einmal die interessantesten: "Vergrab mich im Packeis / Und hol mich erst wieder raus / Wenn die Forschung weit genug ist / Um meine Wunden zu heilen", singt Björn Sonnenberg (ausgerechnet!) mit einer Melancholie, die so tapfer und gefasst ist, dass sie jeden Gefrierbeutel zum Platzen bringen würde. Streicher wiegen sich im Takt gezuckerter Baumwipfel, Saiten werden sachte gezupft und das Tamburin klingt wie ein würdevoll sich nähernder Rentierschlitten. Über all dem thronen erhaben die "Eulen", denen Stefanie Schrank ihre angenehm unprätentiöse Stimme leiht.
Locas In Love haben verstanden, dass man sich mit dem Winter verbünden muss, wenn man den Schnee von gestern aus der Einfahrt zur Zukunft räumen möchte. Andererseits bietet Kältestarre durchaus Gelegenheit zur Rebellion: "Ich bin keine Maschine / Ich werde nicht funktionieren" heißt es im besten Lied der Platte, bei dem Kyle Resnick, der bereits mit Sufjan Stevens, The National und Spoon kollaborierte, meisterlich trompetet. Man wird ihn in dieser halben Stunde noch öfter hören - so auch bei dem großartigen "Wintersachen", einer Ode an die still und starr ruhende Stadt. Der "ICE Wilson Bentley" schließt sich spontan der Entschleunigung an und fährt im Bummelzugtempo - dafür aber mit Ukulelenantrieb, clever integriertem Freizeichen-Getute und fulminanten Paukenschlägen. Ähnlich engagiert hüpft das Piano im "Christmas No. 1 hit", während die Cover-Version des "Twin Peaks"-Themas "Falling" seine bittersüße Eiskristall-Ästhetik zelebriert. Dieser "Winter" wird Spuren hinterlassen. Und sie werden alle in hungrige Herzen führen.
(Ina Simone Mautz)

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BR ON3 Radio
, Album der Woche


Eigentlich sollte "Winter" gar nicht das neue Album von Locas in Love sein. Es sollte eine Art Zwischenstück sein. Nach "Saurus", dem viel gelobten zweiten Album der Kölner Band. Also kein echtes Album, sagen die Locas. Warum, versteht man nicht so richtig. Denn es ist definitiv eine runde Platte geworden.
"Winter" ist ganz rasch entstanden, nachdem Locas In Love am Vorgänger "Saurus" richtig lange rumgebastelt hatten. Inzwischen gibt es ja nur noch drei feste Locas-Mitglieder: Björn Sonnenberg, Stefanie Schrank und Jan Niklas Jansen.
Für "Winter", das zu großen Teilen in New York entstanden ist, haben sie aber den einen oder anderen Gastmusiker verpflichtet, der schon bei richtig großen Alben am Start war: Kyle Resnick etwa, der sonst Trompete für Sufjan Stevens spielt, und LD Beghtol, der schon bei den "69 Love Songs" der Magnetic Fields mitgemischt hat.
Überhaupt stehen die elf Songs von "Winter" in der Tradition der Alben, die uns die letzten Weihnachtsfeste versüßt haben: dem Christmas-Album von Sufjan Stevens zum Beispiel, oder der Weihnachts-EP von Low. Mit ihrer feinen, so sparsamen wie kreativen Instrumentierung schaffen es die drei ein unkitschiges, unprätentiöses Feiertagsfeeling zu erzeugen, das auch den gemeinen, zynischen, emotional verarmten Großstädter nicht peinlich berührt.
Und wenn die Locas so einen Wert darauf legen, dass das kein reguläres Weihnachtsalbum ist: Dann freuen wir uns mit "Winter" einfach auf das nächste. Und hören bis dahin das herzerwärmende Twin-Peaks-Cover "Falling", gesungen von der wunderbaren Stefanie Schrank.


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Sellfish.de


Wo anfangen bei diesem Werk, das sich so schlicht gibt und doch so groß ist? Locas In Love haben mit „Winter“ ein Album aufgenommen, das sie nicht als ihr drittes betitelt sehen wollen, sondern als ein eigenständiges Quasi-Konzeptalbum. Eines, das sich an die Kategorie „Weihnachtsalbum“ rankuschelt, dann aber doch lieber aus der Reihe tanzt und sich mit der alltäglichen Kälte und ganz speziellen „Wintersachen“ beschäftigt.
Dabei versprühen Locas In Love ihren typischen Charme, der sich aus reduziertem Lo-Fi-Pop und dann doch wieder großer Instrumentierung zusammen setzt. Eine Ukulele trifft hier zum Beispiel problemlos auf ein bezaubernd traurig-schönes Streicherarrangement. Für „Winter“ hat man sich außerdem ein paar ganz besondere Gäste dazugeholt: LD Beghtol, den man als Sänger vom Magnetic Fields-Referenzwerk „69 Love Songs“ kennen kann oder Kyle Resnick, der ansonsten bei The National oder Sufjan Stevens Trompete spielt.
Dazu kommen Texte, die man fast schon als niedlich bezeichnen möchte. Im positiven Sinne. Locas In Love verknüpfen auf ganz geschickte Weise fast schon kindliche Naturbilder mit klassischen Coming-of-age-Beobachtungen und beschreiben so ganz behutsam die ganze Härte des Schweinesystems. Sie besingen einen Zustand, der sich anfühlt wie im „Packeis“ gefangen zu sein, die verwirrende Mischung aus Freude und Unbehagen an Weihnachten nach Hause zur Familie zu kommen und verpacken das in so wunderbaren Stücken wie „ICE Wilson Bentley“ oder „Maschine“. Mit „Winter“ haben sich Locas In Love selbst ein Denkmal gesetzt und dabei ist es noch nicht einmal ihr drittes Album.
(Sebastian Gloser
)

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Musicheadquarter


Vor ein paar Tagen kam der Winter. Über Nacht lagen hier im Flachland auf einmal 10cm Schnee. Diese innerliche Ruhe und irrationale Nostalgie, die das kalte Weiß auslösen, sind schwer zu erklären und schwer zu fassen. Die Kölner Band Locas In Love haben etwas in dieser Richtung versucht. Explicit soll “Winter“ nicht ihr drittes reguläres Studioalbum sein, sondern ein Konzeptalbum, das es auf die Grundstrukturen der kalten Jahreszeit abgesehen hat. In gewohnt sympathischer Do-it-yourself-Manier haben Locas In Love elf Songs aufgenommen, die den Winter thematisieren, ihn vertonen, ihm Lobhuldigen, ihn zum Ventil machen.
Auch auf “Winter“ zelebrieren Locas In Love ihren vielschichtigen Mix aus Folk-, Indie-, Noise-, Lo-Fi- und Singer/Songwriter-Posen. Im Flur, in der Küche, in Brooklyn und in Köln wurde die Platte aufgenommen – Improvisation macht große Kunst. Sätze wie Ich bin keine Maschine, ich werde nicht funktionieren oder Ich komm am Samstag mit dem Zug an, kann mich jemand abholn‘? bringen dich mit all ihrer subkutanen Tragweite an den Rand der eigenen Erkenntnis. Locas In Love formulieren das, was ihren Altersgenossen beim Anblick des aufkommenden Winters durch den Kopf geht. Niemand vermag es so eindringlich und aufrüttelnd auszudrücken und in Musik zu packen, wie die Kölner Band. Am 23. Dezember machst du dich auf die Auto-, Bahn- oder Schlittenfahrt von deiner neuen Stadt in die alte Heimat. Die ungewisse Sehnsucht regiert und Locas In Love liefern dir den gespenstisch treffenden Soundtrack. Mit Pauken, Melodica, Vibrafon, Glockenspiel, Nashvillegitarre, Korean Banjo, Ukulele und der klanglichen Frage nach Laura Palmers Mörder.
Früher hätten die Locas – auf “Winter“ sind das Björn Sonnenberg, Stefanie Schrank, Jan Niklas Jansen, Christian Schneider und Sam Lazzara – gut auf Hausmusik oder Supermodern gepasst. Heute erscheinen sie auf Sitzer und das ist nicht minder passend. Wer im Radio, in den Charts oder auf LastFM nicht wirklich viel Musik findet, die man hören mag, macht sie halt selbst. Unterm Strich sind Locas In Love am Ende nur sich und den eigenen Fans verpflichtet. Wer nach mehr oder weniger sieben Jahren Bandgeschichte noch genug frischen Dampf für so ein herausragendes Konzeptalbum hat, um den braucht man sich keine Sorgen machen. Die Locas machen tolle Musik und sie werden überleben. Warum? Weil es etwas Vergleichbares in Deutschland sonst nicht gibt und weil wir sie brauchen. Bei Sonne, Regen oder Schnee.
(Sascha Knapek)

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Süddeutsche Zeitung


Bedrohlich
Locas in Love lassen Glocken klingen im Atomic Café

"Die Tage vergehen so langsam und die Jahre so schnell", konstatieren Locas in Love auf ihrer Wintergala im Atomic Café. Ein wenig besinnlich, vor allem aber mit einer Gastfreundlichkeit, die sie permanent nach dem Wohlbefinden der Besucher des bestuhlten Atomic Cafés fragen lässt, widmen sich die Kölner entsprechend ihrem aktuellen Album "Winter" dieser von Weihnachten dominierten Jahreszeit. Also geht es auch immer wieder um das Zurückkommen ins elterliche Haus zu den Feiertagen: Das Nach-Hause-Kommen, das in Wahrheit gar kein Nach-Hause-Kommen mehr ist. "Egal, wie weit du weg gehst, es ist doch immer hier", heißt es in einem Song. Das mag tröstlich wirken, eine vermeintliche Konstante in der Vergänglichkeit allen Seins, dem Sänger Björn Sonnenberg scheint das allerdings eher ein Fluch zu sein: "Ich komme am Samstag mit dem Zug. Kann mich jemand abholen?"
Diese Zeilen kennt sein junges Publikum gut. Ist es selbst doch noch in einem Alter, wo auf dem Weihnachtsbesuch daheim das Nicht-mehr-Kind-Sein am Immer-noch-Kind-Sein zerbricht. Locas In Love liefert dazu den passenden Soundtrack, mit lieblichem Glockenspiel und lustiger Ukulele, die beide das Bedrohliche, das von der Twin Peaks-inspirierten Musik ausgeht, jedoch nicht überspielen. Wild reibt der Sänger den Gitarrensteg am Mikroständer, derweil der andere Gitarrist das Instrument zum Verstärker hin und her schaukelt. Ein wunderbares Klangspektakel, das alle Besinnlichkeit der vorausgegangenen anderthalb Stunden austreibt.
(Dirk Wagner)

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Flaming Youth

LOCAS IN LOVE, eine der besondersten Bands hierzulande eröffnen die Winterzeit mit einem Interimsalbum. Explizit und mehrfach wird im beiliegenden Infoblatt darauf hingewiesen, es handele sich bei "Winter" nicht um das reguläre dritte LOCAS IN LOVE-Album, sondern um ein Konzeptwerk, ein Winteralbum. Angeblich als Gegentwurf, als reduziertes Zwischenstück.
Faktisch ist es aber doch ein neues LOCAS IN LOVE-Album, zumindest wenn ein solches sich definieren lässt als ein weiteres Lebenszeichen, elf Songs aus einem Guss, eine zwangsläufige Weiterentwicklung oder ein vorweihnachtlicher Pflichtkauf. Zwar haben sie dieses Mal auf die große Soundkulisse verzichtet und sich mit kleinem Geschirr selbst aufgenommen, doch wer kann, der kann eben. "Winter" klingt angenehm intim, geschmackssicher und wie ein schon immer dagewesenes Stück Musik.
LOCAS IN LOVE haben ein ganz besonderes Talent - sie schaffen es, dass man sich erinnert. An was oder wen auch immer. Insbesondere Björn Sonnenberg hat eine Art zu texten, die mich regelmäßig an Vergangenheitsplätze zurückwirft, die lange tief vergraben waren. Die Selbstauferlegung sich in der Pop-Disziplin "Weihnachtsalbum" zu versuchen wird behutsam angegangen. Texte über Packeis, Eisstürme und sogar ein Lied mit dem Titel "Christmas No. 1 Hit" rauschen einem entgegen. Bei LOCAS IN LOVE funktionieren derlei Vokabeln aber genau wie eh und je als Vehikel zum Stimmungstransport und als Metaphern für ihre ganz speziellen, unausgesprochenen Lebensweisheiten. Eine simple Zeile wie "Ich komm' am Samstag mit dem Zug an, kann mich jemand abholen?" reicht bei LOCAS IN LOVE aus um einen universellen Einblick in menschliche Gefühlswelten zu vermitteln.
Als besonderen Höhepunkt möchte ich noch das Stück "Falling" erwähnen. Eine sanftmütige Stefanie Schrank schwebt über einen Klangteppich, der sich scheinbar stark an das Twin Peaks-Thema anlehnt. In sich ruhend und raumfüllend, elegant und auch ein bisschen beunruhigend. Stefanie Schrank erinnert mich hier einmal mehr an eine etwas weniger morbide NICO zur "Chelsea Girl"-Zeit. "Winter" ist voller Streicher, Trompeten, Glockenspielen, voller Melodie und Beseeltheit. "Winter" ist unaufdringlich und wärmend. LOCAS IN LOVE werden uns noch viel geben, davon bin ich überzeugt.
(Niclas Breslein)

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Nillson

Nach dem überirdisch großen „Saurus“ aus dem letzten Jahr und zwischenzeitlichen Engagements mit der overground-orientierten Zweitband Karpatenhund haben die wundervollen Locas In Love eine neue Platte gemacht. Sie soll aber nicht das neue, dritte Album der Band genannt werden, das sagen alle Informations-medien unisono. Wieso bloß nicht? Auch wenn „Winter“, so der Name des Werkes, die Antwort vielleicht erahnen lässt – nötig wäre das, was man wahrscheinlich am besten als sympathisches Understatement verstehen kann, nicht gewesen. Denn „Winter“ entspricht vielleicht nicht den steigenden Ansprüchen des Quartetts in Hinsicht auf Produktionsstandards, es ist dadurch aber kein bisschen schlechter als eine mögliche propere nächste Platte, sondern – genau richtig so.
Denn die Eigenheit und auch Qualität der Locas ist es eben nicht, eine gelackte Indiepopband mit Diskothekenhits und Massenappeal zu sein, sondern ein etwas naiver, ziemlich impressionistischer und unglaublich knuddeliger und wärmender Entwurf von lofi, von Folk, von diy. „Winter“ zum Beispiel trägt das Konzept schon offensichtlich im Namen vor sich her, es geht um die Stimmungen, die Kälte draußen, Kuscheln zuhause und Weihnachten mittendrin exklusiv transportieren. Zumindest die aus einem innehaltenden, nachdenklichen, ehrgeizfreien und doch getriebenen Blickwinkel. Wer sich darin wieder finden kann, ist bei der Rezeption der Platte in all ihren Facetten klar im Vorteil. Ich bin so jemand und lasse mich schon seit Tagen und bestimmt noch die ganze Jahreszeit lang von ihr wärmen, und in einem Jahr sicher auch wieder.
Dem kommt zupass, dass Locas In Love in ihrer ganzen Anlage und ihrem Musikverständnis die perfekte Band für dieses Konzept zu sein scheinen, ebenso für die wohl notgedrungen eher unaufwändige Art der Produktion. Ihre große Stärke ist neben einem mittlerweile mehr als passablen Songwriting ihr Gefühl, nicht Gespür, für abseitige Instrumente und die Kraft ihrer Klänge. Ich würde mich nicht wundern, wenn sie mittlerweile ein Arsenal an Plastik- und Holzspielzeug zur Klangerzeugung in ihrem Proberaum zusammengerafft hätten. Die richtigen Sounds für jeden Song finden sie auf „Winter“ jedenfalls hörbar blindlings, ob nun eine kleine Melodika oder die glänzende Trompete von The Nationals Kyle Resnick, und auch das beste Studio der Welt hätte die Ergebnisse kaum besser ausfallen lassen können.
Das betrifft sowohl Kleinode in Pop wie „Maschine“ als auch das wundervoll angefrorene Julee Cruise-Cover „Falling“ oder "Bushwick", das schönste Liebeslied seit langer, langer Zeit. Auch wenn Locas In Love eine durch und durch intime und persönliche Sache sind, kann man angesichts von „Winter“ doch eine allgemeingültige Wertung wagen: Eine bessere Vertonung von Winterwelt hat es zumindest im Pop noch nicht gegeben. Das intuitive Gespür dieser Band ist dabei fast ebenso bewundernswert wie ihre Musik, die natürlich Produkt harter und entbehrungsreicher Arbeit ist, auch wenn das hier zu betonen irgendwie nicht richtig passen will. Trotzdem ist der dominierende Eindruck: So sinnlich möchte ich auch gerne sein.
(Christian Steinbrink)

SAURUS (erschienen am 9.2.2007 als CD bei Virgin/EMI und LP bei Sitzer Records)
 

Radio 1

Wer hätte gedacht, dass aus Köln nicht nur großartige Elektromusik kommt, sondern auch Gitarrenpop mit viel Seele. Locas in Love heißt eine vierköpfige Band, die mit umwerfender Unbekümmertheit ein Album präsentiert, das dramatisch, traurig, witzig und vor allem stimmig ist. „Saurus“ heißt dieses Album der Kölner Band Locas in Love.

Radiointerview vom 14.03.2007 mit Live-Version von 'High Pain Drifter' für den Real Player: hier.

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Musikexpress März 2007:


Kluger deutscher Szenetypen-Pop, den man am liebsten verstecken möchte, um ihn zu beschützen.

Man hat ja oft Angst, sich zu weit aus dem Fenster zu lehnen und auf die Straße zu klatschen. Aber, was soll’s: Locas In Love, diese unverhoffte kleine Band aus Köln, könnte ein Wunder werden. Es wäre glatt möglich, dass diese vier Menschen nach langer Zeit die ersten sein werden, die wieder anfangen, Dinge richtig zu machen: nicht für Raabs Bundesbandwettbewerb spielen, sich nicht von der Neon unter die 100 wichtigsten jungen Deutschen wählen lassen. Warum sie so besonders sein sollten? Nun, hier kommt er also, der Moment des Rezensentenaufschlags auf dem harten Asphalt: Locas In Love sind die beste neue hiesige Popband dieses Jahrtausends. Punkt. Oder anders: Endlich begegnen sich bei einer deutschen Band mal wieder Popinstinkt, Hirn und Stilsicherheit auf Augenhöhe. „Sachen“ heißt der erste Song des zweiten Locas-Albums, und er verhandelt sehr geradeaus Dinge, die zu öde sind, um sie Themen zu nennen: „Sachen“ also. Gerade fragt man sich noch, ob eine Band wirklich über etwas singen sollte, worüber zu sprechen schon langweilig genug ist, da hat man sich schon in Björn Sonnenbergs versmaßsprengenden Gesangsstil verliebt. Im zweiten Song „Zum Beispiel ein Unfall“ spuckt Co-Sängerin Stefanie Schrank Judith Holofernes mal eben ins Poesiealbum, und spätestens bei der anrührenden Loser-Hymne „Comandante“ wünscht man der Band wahlweise eine Weltkarriere oder will sie nur noch für sich allein haben. Ihre größte Stärke – neben den schlichten, aber packenden Melodien – sind die Texte: Schnodderpoesie und Luschenlyrik mit wundem Punkt (sehr schön im Weihnachtsheimkehrerdrama „Egal wie weit“). Und mit dieser Pose gelingt ihnen fast alles: Typenkarikaturen, Krawallbekundungen, putzige Endzwanziger- und Frühdreißigeranalysen, Jugendphrasenverdrehereien und aussichtslose Utopien. Und immer, wenn’s gerade am schlimmsten schmerzt, bekommt man etwas zu lachen: „Ich verkrampf mich immer fester und blicke so starr/dass meine Augenbrauen wehtun/In 20 Minuten werd’ ich Muskelkater haben“ (aus „High Pain Drifter“). Die Musik dazu ist freundlich swingender Jungliedermachergitarrenpop zwischen hutzeliger Post-Kleinkunst und arglosem Weltumarmer-Schlager: Manchmal klingt die Band fast wie Herman Düne auf deutsch, falls das jemandem hilft. Ohne ihnen eine Last auf die schweren Schultern laden zu wollen, aber vielleicht schaffen sie es ja wirklich, Raab und NEON von der Schippe zu springen. Es ist möglich, daß manches hier bald schon wieder zu alltagsverhaftet, zu geheimnislos, zu anständig poprockig, am Ende vielleicht sogar doch wieder zu deutsch klingt. Man kennt sich ja. Doch jetzt, in diesem Moment, ist diese Platte geradezu eine Offenbarung. * * * * * (fünf Sterne)
(Eric Pfeil)

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Spex # 306, 01-02/2007:

Die »Sachen«, die uns beschäftigen, ohne wichtig zu sein, ohne Leidenschaft zu erfordern, sie halten uns auf, zurück und in engen Kreisen gefangen. Gleichwohl sind es die Dinge, um die herum Locas In Love ihr grandioses Album aufbauen. Ja, ich scheue mich nicht, dieses Adjektiv hier und jetzt zu betonen. Musik, die nicht aus dem Alltag oder vor dem Gegenüber flieht, die denkt, fühlt und weitererzählt, was in den Gedankenwelten von Frank Spilker oder Jochen Distelmeyer jemals eine Rolle gespielt hat.
Auf der Suche nach Ehrlichkeit, Wahrhaftigkeit und Nähe zelebriert diese Band in großformatigen Popsongs schlichtweg echtes Storytelling, unkodiert und lyrisch liebevoll in Szene gesetzt. Jenseits von Floskeln zu texten kann ja bekanntlich ganz schön in die Hose gehen. Nicht so hier. Schönstes Beispiel ist hier sicherlich die völlig unpeinliche Ödnis-Beschau des »Hauses Deiner Eltern« in »Egal wie weit«. Locas’ Geschichten spielen sich in jedem Leben ab, gehen raus in den Alltag. Gut so, und eigentlich der einzig richtige Weg.
Die Musik trägt die Worte weiter. Ein fast unfassbares Amalgam aus Einflüssen lässt »Saurus« musikalisch leuchten. Nervös fuchtelt meine Hand im Nichts herum, um die Bands vor meinem geistigen Auge zu erhaschen, die in der Referenzliste an mir vorbeirauschen. Ist es nun blöd, Weezer, They Might Be Giants, Sonic Youth und Bright Eyes als exemplarische Big Shots aus dem Register zu ziehen? Wer kennt schon noch Geschmeido? Was ist eigentlich die hiesige Entsprechung zu Americana? Ist »Rosa Mond« nun wirklich eine Anspielung auf Nick Drake? Okay, das führt zu nichts...
Gleichzeitig aber klingt das Album – Vorsicht, Floskel! – so reif und aus einem Stück gehauen, dass ich mich immer wieder vergewissern muss, wie jung diese Band ist. Mehr als das und die Tatsache, dass Kollege Jan Niklas Jansen neben Spex auch diese Band mit seiner Kreativität befeuert, weiß ich nicht über Locas In Love. Was egal ist, denn nach einem Hördurchgang ist die Band ohnehin ein guter Bekannter – und für meine allerletzte Spex-Rezension wohl der schönste Gegenstand, den ich mir wünschen konnte. Danke.
(Carsten Sandkämper)


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taz, 5.2.2007

Das bringt die Woche
MUSIK: Am Freitag kommt das Debüt der schönen deutschen Band Locas In Love in den Handel. Es heißt "Saurus" und klingt wie eine Mischung aus Bright Eyes und den Lassie Singers - also toll.

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mbeat, Ausgabe No.2_Februar_07

'Zum Beispiel ein Popwunder'

Toll! Da bekommt man nicht nur dieses wunderbare Album einer Band zugeschickt, von der man noch nie gehört hat, sondern auch noch den Link zu einem Reviewroboter mit vorgefertigten Phrasen. Nach kurzer Überlegung wird dieser allzueinfache Weg aber verworfen. Schließlich haben sich die vier Kölner mit ihrem Album mehr Mühe gegeben, als sie der Rezensent je in diese Zeilen stecken könnte. Bis ins Jahr 2004 gehen manche der Nummern zurück, aufgenommen wurden sie im Herbst letzten Jahres in England im Studio von Peter Katis (Spoon, Interpol, The National) und unter Mithilfe von Arab Strap Musiker Malcolm Middleton (ein Gitarrensolo), Streichern und sogar einem Kinderchor (Im wunderbaren 'Ich-bin's-nicht-gewesen'-Song 'Mabuse') eingespielt. Glaubt man den sich schier überschlagenden Kollegen der schreibenden Zunft, den Locas ist damit ein Eintrag als vielleicht beste deutsche Band des Jahrtausends sicher. Man glaubt! Bis ins kleinste Detail perfekt durcharrangierte Indiepop-Perlen, die sich rein musikalisch sofort ins Ohr festsetzen, in Sachen Lyrics aber für wunderbare Brechungen sorgen. Denn statt Versmaß steht hier der direkte Ausdruck des zutiefst Privaten im Vordergrund und wir dürfen Leute wie Martin kennenlernen (im Knast), die wohl irgendwie zum Freundeskreis des Quartetts gehören. Dazwischen angenehm unaufgeregt Politisches, 'Zum Beispiel Ein Unfall' und dergleichen unglaublich schöne Popwunder mehr, in schönem Wechsel mal weiblich, mal männlich intoniert. In einer gerechten Welt in Kürze mindestens mal im Jurassic Parc des deutschen Musikzirkus.
(Christopher Büchele)

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Intro Nr.147



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jetzt.de, Süddeutsche Zeitung vom 18.02.2007

Locas In Love
Woher: Quartett aus Köln rund um den Sänger Björn Sonnenberg, der sich mit Bassistin Stefanie Schrank den Gesangspart teilt und mit der Zweitband Karpatenhund samt Majormacht im Rücken auf dem Weg in die Hitparaden ist.
Wohin: Locas In Love werden mit dem neuen Werk "Saurus" von manchen schon jetzt als beste hiesige Popband dieses Jahrtausends gefeiert und Björn Sonnenberg als neuer Frank Spilker oder Jochen Distelmeyer gehandelt.
Klingt nach: Reduzierter Bombast aus leisen Momenten und großen Gesten. Eine Band, die Worte findet, wie sie einem selber nie einfallen würden.


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Hannoversche Allgemeine Zeitung, 13.03.2007

Romantisch und unbeugsam

„Indierock” – das war einmal so etwas wie das große, ewige Glücksversprechen des Rock ’n’ Roll: „Do It Yourself”-Prinzip traf auf Anti-Kommerz und Verweigerung als Daseinsform. Inzwischen ist „Indie” immer mehr zur Pose geronnen; was übrig bleibt sind Seitenscheitel, Retro-Turnschuhe und Hornbrillen. Die Kölner Band Locas In Love zeigt mit „Saurus”, dass es auch anders gehen kann. Benannt nach einem amerikanischen Underground-Comic aus den achtziger Jahren, hat sich das Quartett durch Jugendzentren bis nach New York gespielt – mit selbst produzierten EPs und einem endlosen Reservoir an renitenter Energie. Mit „Saurus” ist der Band ein großes Album gelungen. Dreistimmiger Gesang und Streichquartette, ein hüpfendes Banjo, Pfeifsolos und alle Arten von Tasteninstrumenten fügen sich ebenso selbstverständlich in den dichten Bandsound wie ein Kinderchor, der auf das System schimpft („Mabuse”). Was vielen Bands nur als ironisches Zierat gereicht, ist auf „Saurus” Programm: Die Locas kommen, um sich zu beschweren. Nach drohend rollendem Bass („Sachen”) berichtet Sänger Björn in holpriger Phrasierung vom Leben im Prekariat, während Gitarrengewitter im Wechsel mit poppigen Orgelböen vorbeizieht, das den Weg ins gelobte Land der Pixies und Velvet Undergrounds weist. Besonders zu Beginn der Platte regnet es sperrig-schöne Ohrwürmer wie „Comandante”, eine Liebeserklärung an den unangepassten Jugendfreund. Das alles klingt so mitreißend wie eine musikalische Version des Filmklassikers „Bonnie & Clyde” – romantisch und unbeugsam bis zum Schluss. In einem Wort: „Indie”.
(Daniel von Fromberg)

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titel-forum.de

Was wirklich wichtig ist

Sollte es möglich sein, dass eine junge Band aus Köln endlich den ganzen Deutsch-Pop-Soßenschleudern zeigt wo's langgeht? Aber ja.

Manchmal kommt es vor, dass einem eine Band schon nach wenigen Tönen ihrer neuen Platte vorkommt wie ein alter Bekannter. Dabei kann ich mich noch erinnern, dass ihr erstes Album "What Matters Is The Poem" mich damals, es war 2004, etwas ratlos zurückließ. Das war alles sehr gut gemacht, aber doch etwas sperrig. Vielleicht, ganz sicher sogar, habe ich mich auch so sehr verändert, dass der Zugang jetzt ein anderer ist. Jedenfalls wirkt das zweite Album "Saurus" geradezu beängstigend eingängig. Sollte es möglich sein, dass eine junge Band aus Köln endlich den ganzen Deutsch-Pop-Soßenschleudern zeigt wo's langgeht? Die über den Alltag singen kann und dabei all die Gedanken zu Papier bringt, die einem selbst so oft vor dem Schlafengehen durch den Kopf gehen? Mit Songs, die einfach restlos glücklich machen? Aber ja.
Ist Jan Niklas Jansen eigentlich noch Redakteur bei der Spex, die von Köln nach Berlin geflüchtet ist? Man möchte fast hoffen nein, denn dann hat er mehr Zeit für die wichtigen Dinge wie mit Locas In Love auf Tour gehen und an neuen Stücken arbeiten, zusammen mit Stefanie Schrank (deren herrlich naiver Gesang schön an die Lassie Singers und die Moulinettes erinnert), Sänger Björn Sonnenberg (der mit seinen ungewöhnlichen Zeilenumbrüchen die Schönheit der deutschen Sprache aufsägt, ohne sie zu zerstören) und Maurizio Arca. Jetzt, und zwar sofort, ist es an der Zeit diese Band zu feiern, für ihre wunderbaren Vergleiche ("ich liebte dich wie Che Guevara die Revolution"), für einen gänzlich unpeinlichen deutschen Country-Song ("To Get Things Straight") für wunderbare o-neliner ("für uns ist es schon zu spät, jung zu sterben und Legenden zu werden"), für wunderbare, unspektakulär dahingesungene kleine Weisheiten ("dass nichts für immer ist, und nichts je vorbei") und für mindestens einen modernen Klassiker mit Kinderchor ("Mabuse") und einen modernen Klassiker über das Nachhausekommen ins Haus der Eltern, begleitet von Widerwillen und Lebenslügen ("Egal wie weit"). Wurde da jetzt zu oft das Wort "Wunder" verwendet? Nein, für "Saurus" kann man es gar nicht oft genug in den Mund nehmen. Dafür sind ausnahmsweise mal alle Superlative angebracht. Blumfeld haben sich aufgelöst, und Die Sterne werden nie wieder so wichtig werden wie sie's mal waren. Na und? Wen schert's? Wir haben jetzt Locas In Love, das ist viel, viel wichtiger.

(Tina Manske)

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Bizarre Radio

Man kann das auch so sehen: Sangen Locas In Love im Jahre 2002 in ihrem „Lovesong“ noch leicht hippie-esk „Uns’re Liebe richtet sich direkt/ gegen alles was nicht funktioniert/ Und wenn wir uns küssen ist das/ ein Statement gegen das Schweinesystem“ gründeten vier Fünftel der Band 2005 die Band Karpatenhund, um dann mit Unterstützung eines Majorlabels so richtig durchzustarten.
Andererseits: Die unglaubliche Kreativität und Spielfreude von damals behielt die Band bis heute bei (im Grunde genommen ist sie am vorläufigen Höhepunkt angelangt), und so arbeitete man ohrenscheinlich parallel. Und wie: Mit Unterstützung von Malcolm Middleton (Arab Strap), den man bei einer gemeinsamen Tour kennen lernte, unzähligen Instrumenten, einem Kinderchor und schließlich auch noch einer waschechten US-Produktion (Peter Katis, u.a. Clem Snide, Spoon, Interpol) nahm man das Album „Saurus“ auf.
Textlich findet sich die alte Verschrobenheit dann aber doch (zum Glück) noch wieder: „Und ich liebte dich / wie Comandante Che Guevara die Revolution“ („Comandante“). Ebendort heißt es auch: „Du hattest immer gute Ideen/ zum Beispiel in englischen Texten/ das Wort „pain“ durch „paint“ zu ersetzen.“ Eigentlich kaum zu glauben, wie man so etwas singen kann, ohne peinlich zu klingen. „Saurus“ ist – für die deutsche Rockmusik des neuen Jahrtausends - eine Offenbarung.
Und sonst: Man weiss gar nicht, wo man anfangen soll. Bei der wunderbar eingängigen (sagen wir es doch: phänomenalen) Popmusik, oder doch und immer wieder einfach bei den ebenso klugen wie traurigen wie lustigen Texten: „Ich verkrampf mich immer fester und blicke so starr,/ dass meine Augenbrauen wehtun./ In 20 Minuten werd’ ich Muskelkater haben“ („High Pain Drifter“). Während es im Opener noch heißt „Mit der Band läuft’s ganz gut/ Wir kommen viel rum/ Und machen eine neue Platte/ Du kannst die Demos mal hör’n/ Sie kommt bald raus“, leugnet sich die Band in „Mabuse“ dann selbst und behauptet (ebenso wahnwitzig wie selbstbewusst): „Ich war es nicht/ Es war Mabuse/ Er benutzte mein Gehirn.“ „Rosa Mond“ ist Nick Drakes „Pink Moon“ auf Deutsch und „Sachen“ könnte es tatsächlich zu einem neuen „Smells Like Teen Spirit“ schaffen. ...So könnte das endlos weiter gehen….
Lieder, die die Welt braucht! Wer das selbst herausgefunden hat (hoffentlich alle), kann übrigens mit Hilfe des „Review Roboters“ auf der Homepage der Band selbst eine Plattenkritik „bauen“. Auch wenn es schwer fallen wird, sich zwischen „Saurus – Egal, es knallt!“, „Mehr als nur ein Geheimtip“, „Voll auf die 12!“ und „Locas in Love sind die besseren Dinosaur Jr.“ für ein endgültiges Urteil zu entscheiden. Bitte rechts auf "REVIEW ROBOTER" klicken!

14 von 15 Punkkten
(Daniel Höfelman)

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komakino.de

Das wievielte Album der Kölner ist das eigentlich? Bei dem wahnwitzigen Output der Band verliert man allmählich den Überblick - umso erstaunlicher, dass ihre Songs einfach nicht schwächer werden. Das Gegenteil ist der Fall. "Saurus" ist jedenfalls das Majordebüt der Locas. Ob das mit dem ebenfalls auf Virgin erscheinenden Debüt ihres "Nebenprojekts" Karpatenhund zusammenhängt, sei dahingestellt - Tatsache ist, dass es weder ihnen noch ihren Songs schadet, denn aufgrund des oben erwähnten unglaublichen Potenzials des Songwritertrios Sonnenberg / Schrank / Jansen sind einfach genug Hits für zwei Alben da.
"Saurus" wurde in den USA von Peter Katis (Interpol, Clem Snide, Spoon, The National) abgemischt - tatsächlich wurden dadurch die Aufnahmen zum nächsten The-National-Album unterbrochen und dessen Release somit verzögert. Doch selbst dieser fast blasphemische Akt ist schnell verziehen, wenn man Songs wie "Zum Beispiel ein Unfall" oder "Saurus" hört.
Björn, Stefanie und Niklas lieben die Musik. Ihre Wohnungen sind wie Plattenläden, in denen es nur gute Musik gibt. Und sie selbst sind wie Rock Aliens, die sich von dieser Musik ernähren, deren Essenz aufsaugen und in ihre eigenen Songs legen. Ihr Herz und ihre Seele legen sie dir noch obendrauf, allerdings nicht auf eine so jämmerliche, selbstmitleidige Art wie viele ihrer deutsch singenden Kollegen, sondern unaufdringlich und - im Kontrast zur stellenweise sehr bombastischen Musik - leise. Ein Angebot, das du nicht ablehnen kannst.
(Niko Amok)


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teleschau - der mediendienst auch: focus campus

"Die Show muss gar nicht weitergehen. Wir können einfach aufhören." Es gehört schon ein bisschen Mut dazu, gängige RocknRoll-Klischees so sehr zu negieren, wie Locas In Love das tun. Aber, und das wird auch schnell klar: Es geht nicht um die Band, es geht um den Hörer. "Saurus" ist so eine Art Therapiestunde, gepaart mit einer unglaublichen Liebe zum Pathos. Da gehts ums gemeinsame Sterben, wie einst bei den Smiths, ums Erwachsenwerden, um die Liebe, um Gewalt als Ventil und um die anderen großen Themen des Lebens. Was früher noch etwas unbeholfen klang und die Grenze zum Kitsch manchmal überquerte, kommt jetzt immer auf den Punkt.
Dabei haben Locas In Love gar nicht so viel verändert. Nach wie vor zelebrieren sie einen sehr traditionellen Schrammelpop, der seine Wurzeln in diesem diffusen Ding namens Indie hat, also bei so ziemlich allem was musikalisch auf einer Linie zwischen Boston und Hamburg, zwischen Lemonheads und frühen Tocotronic liegt. Der Duktus von Hauptsänger Björn Sonneberg erinnert dabei manchmal an Bernd Begemann - ist aber wesentlich direkter, weniger overacting und weniger humorig.
Es sind schon krasse Wahrheiten, über die Locas In Love auf dieser Platte singen. "Monkey On My Back" oder "Egal wie weit" thematisieren Angstzustände, Depressionen und familiäre Probleme ohne jede Verschlüsselung und schocken deshalb auf durchaus nachhaltige Art und Weise. Dass andere Stücke - wie etwa der Titeltrack - nicht ohne Theatralik funktionieren und "Zum Beispiel ein Unfall" sich mit Riot-Kante in die Ohren poltert, passt da ganz gut, weils die Ernsthaftigkeit auf eine andere Ebene hebt, weil man nicht den Eindruck hat, man lausche gerade an einer fremden Tür. Aber ganz egal, wie nah einen Locas In Love an sich ranlassen, unabhängig von so abgedroschenen Begriffen wie Authenzität: "Saurus" ist in seiner Lakonie, in seiner Direktheit und vor allem, weil nicht einmal der geringste Versuch unternommen wird, irgendwie cool, irgendwie unnahbar zu sein, eine unglaublich konsequente Platte.
(Jochen Overbeck)


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nillson-fanzine.de

Um ehrlich zu sein: So richtig hatte ich mich für Gitarrenpop aus Köln bisher eigentlich nicht interessiert. Auch die Locas In Love machten da keine Ausnahme. Auch, wenn ich sie mal mehr oder weniger zufällig irgendeinen Supportgig spielen sah, wurde die Anteilnahme nicht größer. Sie waren halt dabei, sie waren nett, mehr blieb nicht hängen. So ging das eine ganze Zeit. Doch irgendwann fing es an, in Köln zu rumoren. Dass es die Locas jetzt wissen wollen, hieß es, von einem neuen, mainstreamigeren Bandprojekt war die Rede, und überdies noch von einer szenefremden neuen Sängerin. Huch! Da störte doch jemand die untergründige Gemütlichkeit der kleinen Kölner Rockschuppen, und zu allem Überfluss waren das auch noch einige ihrer präsentesten Protagonisten. Es wurde spannend. Die neue Band, Karpatenhund, fing an aufzutreten, bekam erste Aufmerksamkeit und bald darauf einen umsichtig ausgehandelten Majorplattenvertrag. Inklusive einer Albumproduktion in den USA, unter der Regie von Starproduzent Peter Katis (Interpol, The National, Spoon). Und was machte die alte Band, die Locas, aus der Karpatenhund ja zu 4/5 bestand? Sich aufzulösen? Nein. Sie arbeitete als Karpatenhund einfach so effizient, dass statt einer Produktion gleich zwei drin waren. Die zweite für die Locas. So geht jedenfalls die Legende, und wenn sie stimmt, ist das eine pfiffige Meisterleistung.
Nun liegt also genau dieses in den USA aufgenommene neue Locas In Love-Album vor, es wird auf dem seit langem verbündeten Kölner Label Sitzer veröffentlicht, genießt aber den Vorteil eines EMI-Vertriebs. Und wie gesagt, ich habe mich ja eigentlich noch nie so richtig für Gitarrenpop aus Köln interessiert. Aber ich muss schreiben, dass mich „Saurus“ nicht nur positiv überrascht, sondern geradezu umgehauen hat. Ich habe schon lange kein Album mehr gehört, das trotz einer selbstauferlegten strukturellen Limitiertheit vor allem wegen seiner naiv-unbekümmerten Experimentierfreude mit Unmengen von Instrumenten so seelenvoll klingt. Die Songs auf „Saurus“ sind einfach, die Texte allerhöchstens sehr unterschwellig dramatisch, eher von Poplyrik-Konventionen abgewandt. Aber trotzdem ist jedes Stück auf dieser Platte in sich so stimmig, und alle zusammen fügen sich wundervoll passend zu einer Platte zusammen. Ich glaube und kann verstehen, dass Fans von beispielsweise klassischer Britpop-Ästhetik bei Sätzen wie „Es war Mabuse, er benutzte mein Gehirn“ mit dem Kopf schütteln. Solche Sätze sind halt nicht für jeden, genauso wie die Zweitband Karpatenhund nicht für mich und deshalb ziemlich uninteressant ist. Aber Texte wie die auf „Saurus“ sind für mich, und für mich sind sie genau richtig. Locas In Love haben wirklich alles Potenzial aus ihrer Lofi-Ästhetik herausgeholt, haben zwölf tolle Songs geschrieben, sie haben sich selbst ausgedrückt, und sie decken Stück für Stück die verschiedensten Emotionen auf der Klaviatur des Lebens ab. Klingt ein wenig blumig, was? Ich weiß es aber nicht besser. Auf jeden Fall glaube ich nicht, dass ich mich zuvor immer in dieser Band getäuscht habe. Richtig ist, dass ihnen mit „Saurus“ ein Quantensprung gelungen ist, den ich ihnen nicht zugetraut hätte.

(Christian Steinbrink)

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Radio 1

Wer hätte gedacht, dass es noch immer deutsche Bands gibt, die sich auf dem Marsch durch die Diskurse befinden. Die Kölner Formation Locas in Love baut auf ihrem zweiten Album kleine ironische Popsongs, die lakonisch "Sachen“, "Mabuse“ oder auch "High Pain Drifter“ heißen, aber vor allem davon handeln, wie die Indie-Kultur sich des Pop bemächtigt und das Reden über Zorn diesen selbst erübrigt: "Ich gebe zu, ich habe diese Tür eingetreten.“ Soso.

(Kai Müller vom Tagesspiegel)

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jetzt.de

Ausgesucht weil: noch nie so schön all die namenlosen Erledigungen, Beschäftigungen und Unfreiwilligkeiten, eben „Sachen“, besungen wurden, die uns jeden Tag unsere Zeit rauben und an die wir uns am Ende eines Tages nicht einmal mehr erinnern können, sondern nur ein großes Gefühl der Leere und Nutzlosigkeit hinterlassen.
Ausgesucht aus: der zweiten Locas In Love-Platte „Saurus“ (Sitzer)
Puh, bei diesem Album der Kölner Band Locas In Love fällt es mir wirklich sehr schwer, nur ein Lied auszusuchen, so sehr mag ich diese Platte insgesamt: Schlichte, aber sehr berührende Melodien mit Gitarre, Schlagzeug und Bass, die manchmal durch eine Orgel, eine Geige, einen Bläsersatz oder einen schönen A-ha-Chorus aufgepeppt werden. Reduzierter Bombast aus leisen, sehnsüchtigen Momenten und großen, ausholenden Gesten, mit einem Sänger (Björn Sonnenberg), der sich traut, nicht zu reimen und dabei die poetischsten Texte hervorzaubert, und einer ganz bezaubernden Co-Sängerin (Stefanie Schrank). Endlich wieder eine Band, die einem aus der Seele spricht, ohne dabei die plattesten Alltagsbeobachtungen zu besingen oder diese zu romantisieren, und die sich originelle Bilder und Vergleiche ausdenkt, auf den Punkt gebracht in dem großartigen Opener „Sachen“, einem Lied für die Generation der „neuen Eigentlichkeit“: „Wir wollen immer etwas machen, aber es kommt immer was dazwischen, Wir stecken fest in einem Sumpf aus Ablenkung und Ausreden.“

(Caroline von Lotzow)

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elisabett.de

Wir wollen immer etwas machen. Es kommt immer etwas dazwischen. Wem es so geht, der ist auf dem Weg durch ein zufriedenes Leben, trotz verpaßter Chancen, vergebener Elfmeter oder unerreichten Höhen. Wie fliegende Sahnetörtchen werden den vier Locas in Love derzeit die Huldigungen an die Backe geschmissen. Keine Musikjournalie, die nicht mit in den Chor der begeisterten Kritiker einstimmt. Gänzlich unaufgeregt, bescheiden und doch nichtssagend vielumfassend erklingt der Pop der deutsch musizierenden Band. Internationale german spoken Indiepopklasse direkt aus unserer Mitte?! Große Zukunft wird hier allenthalben vorausgesagt, unabhängig der Jahre, die bereits hinter dieser Formation liegen.
Es ist ein wohlklingender Sound, der mit viel Achtung für Details und jeder Menge schweißtreibender Gründlichkeit in über einem Jahr aufgenommen, verworfen, neu zusammengestellt, abgemischt und schließlich für gut genug befunden wurde. „Saurus“ steht denn schließlich für die Entwicklung der Band, die sich nicht zuletzt in den letzten eineinhalb Jahren mit den vier Kölner Musikern vollzogen hat: Konzerte in den USA, eine vollständig selbstgemachte EP, der Support für Arab Strap und die Arbeit mit Peter Katis, bekannt durch die Kooperationen mit Interpol oder The National, an den Songs für das neue Album im Studio. Sie haben immer etwas gemacht. Immer kommt was neues dazwischen. Am Ende steht mit „Saurus“ eine Platte, die so zwischen 1993 und 2006 so ziemlich alles in sich aufgenommen haben könnte, was im weiten Feld von Politpop bis Spaßindie in deutschen Landen auf dem Plattenteller kam. Die Lassie Singers treffen den bebrillten Durchschnittstocofan an der nächsten Ecke. Mal dreht sich der Text einfach musikalisch umfingert im Kopf, mal dreht die Gitarre zum unspektakulärem Alltagsleben am Rad. Schwuppediwupps sind die zwölf Songs auch schon wieder vorbei. Mit „Rosa Mond“ beschließt sich das Album mit einem Wink zu Tilman Rossmy. Und der hatte ja auch mal was mit den Lassie Singers. Und weil alles so gut läuft, könnte dieses Jahr für Locas in Love in zweifacher Hinsicht zum Sprungbrett in weitere und bekanntere Gefilde werden, denn mit der gleichen um eine weibliche Stimme aufgestockten Besetzung betritt der Ableger Karpatenhund demnächst mit dem Debut die nationale Showbühne. Sie wollen immer etwas machen. Dieses verdammte Deutschland hat sie dazu getrieben.
[flo]

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Plattentests Online

Jurassic Park
Locas In Love - eine weitere unnötige Telenovela? Aber nicht doch: Man singt deutsch, ist zu viert, hat sich nach einer Comicserie benannt und seine Basisstation in Köln. Und ganz außerdem bereitet diese sympathische Band ungefähr doppelt so viel Freude, wie die Absetzung aller unnötigen Telenovelas zusammen es würde. Das liegt unter anderem an der Gabe, Worte zu finden, die nicht bloß nach Suchmaschinenergebnis, sondern nach Bekennerschreiben und Vertrauensbeweis klingen. Und dann wäre da noch dieser verblüffend internationale Sound, der so viel mehr aus dem Ärmel schüttelt, als herkömmlicher deutscher Indiepop überhaupt auf dem Spickzettel stehen hat.
Wenn man all das - sowie den Umstand, dass die Vier auch gerne mal deutschsprachigen Songs englische Titel verpassen - erst einmal staunend verinnerlicht hat, dann überrascht es eigentlich nicht mehr, dass die mittlerweile pensionierten Arab Strap sich ausgerechnet Locas In Love als Support für ihre allerletzten beiden Deutschland-Konzerte wünschten. Im Gegenzug spendierte Malcolm Middleton ein Gitarrensolo für ihr zweites Album "Saurus", das die Locas zwar selbst einspielten und produzierten, mit dem sie aber zum Mischen in die USA flogen - zu Peter Katis, den man von seinen Kollaborationen mit Interpol, The National, Clem Snide oder Spoon kennen könnte.
Es sind die kleinen, liebevollen Details, die ein Dutzend Singalongs auf Sauriergröße wachsen lassen: der reizende Kinderchor, der "Dieses verdammte Deutschland hat mich dazu getrieben!" skandiert. Gitarren, so fluffig, wie Jamie Oliver keinen Pfannkuchen hinbekommen würde. Vereinzelte sonnige 60s-Harmonie-Gesänge und das beiläufige und gerade deswegen so perfekte Pfeifen in "High pain drifter". Die cleveren Querverweise und vor allem die Selbstverständlichkeit, mit der Björn, Stefanie, Jan Niklas und Mauri auch Country und Americana an den Rhein importieren und ebenso dezent wie gekonnt einfließen lassen.
Dass Locas In Love zudem ein Händchen für Dramaturgie haben, zeigt "Honeymoon is over (if you want)" beispielhaft - eine angespannte Zusammenkunft von sanftmütigem Piano-Banjo-Geflecht und bitterernstem, bleischwerem Bass, denen schließlich doch noch die eindrucksvolle Verwandlung in streicherbeflügelte Ausgelassenheit gelingt. Sänger Björn Sonnenberg macht dank ausgeprägter Storyteller-Mentalität auch versmaßlos glücklich und schafft es stimmlich locker, für die Akustikgitarren-Nummer "Rosa Mond" mal eben in den Johnny-Cash-Modus zu wechseln - und auf ganz hinreißende Art und Weise Nick Drake zu huldigen.
"Sachen" hingegen erzählt von der wenig fabelhaften Welt der Lethargie - die Saiteninstrumente schlingern thematisch adäquat, während Drummer Mauri fehlerfrei den Begriff Monotonie buchstabiert. Dabei kann er dann aber doch nicht ganz den vorbildlichen Energiehaushalt von Locas In Love verbergen, die sich übrigens unter dem Namen Karpatenhund und mit einer Frau namens Claire am Mikrofon geschlossen den Luxus einer Zweitband leisten. Ebenfalls bei Virgin unter Vertrag und mit einem Debütalbum in Vorbereitung. Man würde ihnen glatt wünschen, doppelt abzuräumen.
(7/10) Ina Simone Mautz

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schallplattenmann

Die alte Weisheit, dass Blinde keine Blinden führen können, wird mit "Saurus" nachhaltig entkräftet. Man hat nie das Gefühl als habe die Kölner Band für irgendetwas Antworten parat, aber die Art wie Locas In Love Geschichten erzählen, hat schon fast therapeutische Züge. Jeder der zwölf Songs hat mindestens eine Textzeile, die man sich auf die Innenseite der Augenlider tätowieren sollte. Aber auch musikalisch schafft es die Band um Björn Sonnenberg (The Dackel 5) Akzente zu setzen. Schrammelige Americana-Grundhaltung trifft auf nette Feinheiten der Tasteninstrumente und charmante kleine Huldigungen an so Große wie Johnny Cash oder Nick Drake.
Apropos, ab jetzt sollten Locas In Love nur noch in einem Atemzug mit den ganz Großen genannt werden: "Saurus" ist mit Sicherheit eine der besten deutschsprachigen Platten der vergangenen Monate. Allein zu hören, wie sich bei "Honeymoon Is Over" gegen Ende die Streicher erheben, müsste Beweis genug sein. Volltreffer ohne Anbiederung.
(@@@@ - definitives Highlight) (Dirk-Michael Mitter)

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sellfish.de

Locas in Love machen vor allem nette, eingängigen Indie-Pop mit Folkelementen. Auf ihrem neuen Album „Saurus“ haben sie sich dafür von Orchester, Kinderchor und einem Gitarrensolo von Malcolm Middleton unter die Arme greifen lassen, weil sie laut eigener Aussage das Gefühl hatten, daß es nicht ohne gehe, um das umzusetzen, was sie als „reduzierten Bombast“ bezeichnen.
Klotzen statt Kleckern ist nicht immer das beste Motto. So haut das neue Album musikalisch trotz der sympathischen, von Alltagslyrik geprägten deutschen Texten nicht wirklich vom Hocker. Doch die Texte stecken voll von kleinen Wahrheiten, Situationen, die jeder von uns nachempfinden kann: den Smalltalk mit einem gar nicht so unlieben Bekannten, bei dem mal das halbe viel beschäftigte Leben vorbeiflitzen läßt, auch wenn man sich gar nicht mehr so recht entsinnen kann, bei welchen „Sachen“ eigentlich so schnell die Zeit verstrichen ist. Sich darüber freut getroffen zu haben, aber sich gleichzeitig bewußt ist, daß aus dem im Raum stehenden baldigen Kaffeetrinken wohl wieder nichts wird, wie schon die vielen Male vorher; Vom Verlassen und Zurückkommen in die Stadt der Kindheit und all den damit verbundenen zwiespältigen Gefühlen in „Egal wie weit“ unterstützt von einem mal leise- unaufdringlichen, mal energisch- treibenden Orchester. „Rosa Mond“ besticht mit seinem an Element of Crime erinnernden reduzierten Sound und erzählt von der Einsicht, daß weder Flucht noch Verstecken Probleme löst und daß „es [...] mich finden (wird) selbst in der letzten Ecke“. Leise klimpern Piano und Banjo zum Auftakt von „honeymoon is over (if you want to)“, dem Abgesang einer Liebe, wenn nach der Resignation und dem Kampf zwischen Erinnern und Vergessen, freundschaftliche Loyalität übrigbleibt. Und wohingegen andere Krimis schreiben, leben Locas in Love ihr kriminelles Potential in Liedern wie „Mabuse“ und „Zum Beispiel ein Unfall“ aus. Schließlich vernimmt das Ohr Country. Deutschen Country und nein, man kann nicht meckern, schön haben sie die ironische Thematisierung der „quarterlife-crisis“ hinbekommen. Oh, jetzt beginne ich doch leicht zu schwanken und muß mich doch etwas am Hocker festklammern. Doch „das ist für heute alles. Lass uns sehen, daß wir ins Bett kommen.“
(7/10) (Nadja Gebhardt)

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Live Magazin
Für diejenigen, die da mal wieder gepennt haben: Locas In Love sind eine junge Band aus Köln, die in ihrer Gesamtheit gern viel schreibt — Bis man alle kleinen Geschichten, Bandtagebücher und intimen Einblicke auf ihrer Homepage gelesen hat, ist man ergraut. — und bereits 2004 ihr Debüt „What Matters Is The Poem“ raus gebracht haben. Das Debüt war gut, „Saurus“ ist es auch. Vielleicht — Jetzt 'nen Euro ins Phrasenschwein. — erwachsener und reifer als der Vorgänger, aber immer noch lässig poppig, schlau ohne verkopft zu sein und darüber hinaus mit viele Liebe produziert. Sympathische Alltagslyrik geschrieben von sympathischen Leuten, die sich selbst nicht zu ernst nehmen, trifft auf Musik, bei der sogar die Gitarren irgendwie sympathisch klingen. So früh im Jahr schon ein Highlight vor die Nase zu bekommen tut gut.
(5/5 Sterne) bü

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Vice

Locas in Love scheinen mit der gleichen mysteriösen Gabe gesegnet zu sein wie Jeans Team. Das heißt, sie haben eine komplette LP in deutscher Sprache aufgenommen, bei der man sich nicht sofort die Haare ausreißen, Batteriesäure trinken oder vor den nächsten ICE werfen will. Gut gemacht Leute, wieder ein Leben gerettet.
(8/10)
(Neale Lytollis)


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Hinternet
Die alte Weisheit, dass Blinde keine Blinden führen können, wird mit "Saurus" nachhaltig entkräftet. Man hat nie das Gefühl als habe die Kölner Band für irgendwas Antworten parat, aber die Art wie Locas In Love Geschichten erzählen hat schon fast therapeutische Züge. Jeder der zwölf Songs hat mindestens eine Textzeile, die man sich auf die Innenseite der Augenlider tätowieren sollte.

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allschools.net


Jenseits von inflationär gebrauchten Begriffen wie „Hamburger Schule“, tocotronischen Jungs, Tics, nervtötendem Deutsch-Poprock und überdrehten Diskussionen über MIA.s Einstellung zum Nationalstaat, liefern die Kölner LOCAS IN LOVE mit ihrem Zweitwerk „Saurus“ ein Album ab, das diese stille Ausnahmeband zur vielleicht liebenswertesten Gruppe hierzulande, wenn nicht gar europaweit und überhaupt, macht.
Die 12 Songs strotzen nur so vor popmusikalischen Querverweisen, skurrilen Alltagsgeschichten und dem Mut die eigene Schwäche wie ein mächtiges Schild aus feinem, folkigem Indiepop vor sich herzutragen. Und immer wieder die charmant vorgetragenen Texte von Björn Sonnenberg ,ohne je in den Zwang mit Reimen zu jonglieren zu verfallen. Schon allein der Opener „Sachen“ über diese ganzen Alltagsdinge, die uns die Zeit für das Wesentliche rauben, ja mitunter das Wesentliche sind.
Und „Ich träumte von einem T-Shirt mit deinem Gesicht/Ich liebte dich“ (aus „Comandante“, das fast schon in Schlageruntiefen abdriftet, aber trotzdem unterhaltsam bleibt) ist wohl die verschrobenste Liebeserklärung, seit „Red Right Ankle“ der DECEMBERISTS. Immer wieder bekommt man diese Liebenswürdigkeit um die Ohren gehauen, sei es wenn es „Ich war es nicht, es war Mabuse, er benutzte mein Gehirn“ im Kinderchor gesungen wird (allein schon der Mut sich dieses eher als Kitsch verschrienen „Instruments“ zu bedienen verdient Respekt) oder die Körper der Liebenden im Kugelhagel „zerplatzen“. Und wenn das wunderschöne „Pink Moon“ des großartigen Nick Drake in „Rosa Mond“ zitiert wird, dann sind alle Ungereimtheiten sowieso vergessen.
Dass Malcolm Middleton (ARAB STRAP) bei „Honeymoon Is Over (If You Want)” ein Gitarrensolo einlegt und Peter Katis (INTERPOL) Produzent war sind dann wohl so was wie I-Tüpfelchen. Abseits von Hype und Co. macht sich hier eine Band auf, einfach nur wunderschöne Musik zu machen. Hoffentlich beständig, denn mit KARPATENHUND steht ein Zweitprojekt in den Startlöchern, das von der Fachpresse schon zur neuen deutschen Pophoffnung deklariert wird. Dabei ist sie schon hier.
(Dennis)(8 von 10)

 


What Matters Is The Poem (erschienen am 25.10.2004 als CD bei Hobby DeLuxe und LP bei Sitzer Records)
 
Spex #281

»Etwas ist immer in mir – und es muss immer hinaus. Es geht ins Nichts und es geht zu dir, es setzt sich zur Ruhe auf dem Papier, aber es muss immer hinaus«. Denn das Gedicht ist, was zählt. Und was hinter seinen Worten steckt. Dahinter steckt erst einmal das Leben einer Kölner Rockband von Stefanie Schrank, Björn Sonnenberg (vormals Dackel 5), Jan Niklas Jansen und Mauri Arca. Statt jede Beobachtung gleich ins Große aufzublasen, dramatisieren die Locas sie in einer Form, die ihnen die Freiheit gibt, beiläufig zu bleiben. Und über diesen Weg finden die Songs nach draußen – und mit etwas Glück in dein Herz und deinen Verstand. Den großen Bogen dazuzudenken, das bleibt dann dir überlassen, lieber Leser, lieber Hörer, lieber Liebhaber guten Independent-Rocks, der du was anfangen kannst mit einer von Ewigkeitsgruppen wie Sonic Youth, Velvet Underground oder der ersten Cure-LP beeinflussten Musik. Mit Songs, die Menschen besingen, die wie Moe Tucker sein wollen, Songs, die oft einfach und manchmal leise sind, und die auch mal im Gitarrenlärm versinken, so wie die Velvets in ihrem Ozean versanken. Ein wenig Epik muss eben doch mal sein, um zu zeigen, dass in jedem simplen Akkord und Vers ein Leben steckt, das gelebt wird – jetzt und hier – bevor es als Modell für irgendwas herhalten kann. Locas In Love nennen so einen Song »Our Hearts And The Real World« – einfach, überzeugend, real.
Sich dem Bedeutungsgehubere zu entziehen, indem auf die Sicht ins Private bestanden wird (die nicht mit einem Rückzug zu verwechseln ist), das ist die Stärke ihrer Poesie – und dies in Songs umzusetzen, die auch zur Sache gehen können, wenn die Gefühlslagen es erfordern, ist die Stärke ihrer Musik. Und wer jetzt denkt, dieser Text wäre eine Gefälligkeit unter (sich persönlich nicht bekannten) SPEX-Kollegen, dem spiele ich den Ball gerne zurück: Anhören und selber urteilen.
(Werner Ahrensfeld)

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notes 10/2004

Die deutschsprachige Variante eines zeitgemäßen 60er-Jahre-Sounds mit Referenzen an die Beatles, Velvet Underground und Love
Locas In Love, benannt nach einer Comic-Serie des Zeichners Jaime Hernandez, sind seit langem unermüdlich im Live-Zirkus dabei (u.a. mit Friends Of Dean Martinez, Nikki Sudden, Tilman Rossmy) und kündigten so ihr Debüt-Meisterwerk über mehrere Jahre hinweg an. Eigentlich startete die Band als Ableger von Björn Sonnenbergs Band The Dackel 5. Als sich diese auflöste, beschloss er, zusammen mit Stefanie Schrank, Jan Niklas Jansen und dem neu hinzugekommenen Drummer Maurizio Arca Locas In Love zum eigentlichen Sprachrohr seines eloquenten Songwritings zu machen. Die Band ist so etwas wie die deutschsprachige Variante eines zeitgemäßen 60er-Jahre-Sounds. Charmante Referenzen an große Vorbilder (Beatles, Velvet Underground, Love) sind jedenfalls reich gesät. Die sympathische Verbeugung grenzt die Locas von anderen, modischeren Bands ab. Während sich Björn als durchaus eigenständiger Songwriter mit einem markanten Stil etabliert, präsentiert sich die Band in musikalischer Bestform. Und dass die Scheibe wie aus einem Guss klingt, obwohl sie in ca. 20 verschiedenen Studios aufgenommen wurde, spricht nochmals für sich.
(Ullrich Maurer)

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Intro

Locas In Love, angefangen als Duo und Lo-Fi-Nebenprojekt zu Björn Sonnenbergs Hauptband Unser Kleiner Dackel (jetzt: The Dackel 5), haben sich ziemlich bald auf die Überholspur begeben (nicht ohne den einen oder anderen Unfall), um mittlerweile den Dackels in puncto Rührigkeit und Produktion keinesfalls nachzustehen. Konnte bei ihren Konzerten (die mittlerweile zu meinen meistgeschätzten gehören) schon der eine oder andere neue Song Großes erahnen lassen, schießt das neue Album jetzt den Vogel ab: Die Liste der Instrumente wächst ins Unendliche, es gibt einen Chor (!), Familienmitglieder und Freunde wurden als Gastmusiker einbezogen, als Sänger wechseln sich Björn, Steffi und Niklas ab.
Die Texte sind großartig wie immer (wunderschönes Bild: »wie Moe Tucker spielen« für: sein eigenes Ding machen), die Songs ausufernder, mehr Richtung Breitwand und dann doch wieder reduziert und mit Raum für Stille. Sätze wie »Wir fahren irgendwo hin, wo es Glühwürmchen gibt« lösen schon mal den Niedlichkeitsalarm aus, aber wie als Antithese folgt gleich darauf die nächste Rockpose. Diese Balance zwischen (Selbst-) Ironie und völliger Ehrlichkeit macht das Ganze erst richtig interessant. Hier zeigen dir Menschen ihr Innerstes, ohne Scham, ohne Scheu, ohne Angst. Und du kannst dabei sein.
(Matthias Weber)

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Visions 12/2004

Ein Dackel auf Abwegen: Björn Sonnenberg (Ex-Dackel 5) mit dem Debütalbum seiner neuen Band.

Vermutlich ist es falsch, von "Björn Sonnenbergs neuer Band" zu sprechen, denn immerhin handelt es sich bei Locas In Love um ein Quartett und - so darf man diese Gruppe einschätzen - alle vier Mitglieder sind unglaublich gleichberechtigt. Aber als Ex-Frontmann von Unser Kleiner Dackel bzw. The Dackel 5 ist Sonnenberg nun mal das 'prominenteste' Mitglied des Quartetts. Hinzu kommt eine charakteristische Stimme mit hohem Wiedererkennungswert. Als Banause könnte man da glatt behaupten, dass es egal sei, ob auf dem Cover nun irgendwas mit Dackel oder Locas steht - letzten Endes klingen beide Bands ziemlich ähnlich. LIL selbst reden auf ihren T-Shirts von Punk - wir seien nur zu blöd, das zu verstehen. Vielleicht stimmt das sogar. Womöglich handelt es sich aber auch um leicht schrägen Indierock mit nicht ganz so ausgeprägt dilettantischer Note. Rein musikalisch jedenfalls bewegt man sich auf vertrautem Terrain, huldigt mal Velvet Underground ("Moe Tucker"), mal Fugazi ("Wartezimmer"), wagt sich mit "Lemmy Caution" an ein Surf-Instrumental, mit "Lügen, stehlen, das Gesetz brechen" an eine monumentale, fast zehnminütige Feedback-Ballade. Dass sich Sonnenberg zudem das Mikrofon mit Stefanie Schrank teilt, verleiht dem Album zusätzlichen Abwechslungsreichtum. Wie wichtig der Band ihre Texte sind, zeigt schon das akribische Booklet. Manches davon ist tatsächlich sehr hübsch und poetisch formuliert, manches aber auch ziemlich banal. Wer sich deutschsprachigem Grübler-Pop von sympathischen Menschen zugeneigt fühlt, dürfte an diesem Album gleichwohl seinen Spaß haben.
(Falk Albrecht)

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Kreuzer 10/2004

"Ich hinterlass dir meine Platten, meine Bücher und Gitarren." Wer so etwas singt, muss eigentlich nur zurückgeliebt werden. "What Matters Is The Poem" (Hobby Deluxe/Indigo) ist das bemerkenswerte Debut von LOCAS IN LOVE. Die schreiben mit Referenzen voll gepackte Songs, bei denen man die Texte auch nur lesen braucht, um sie zu mögen.
(Augsburg)

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